Deutschlands und Europas Antwort auf die Marktmacht von Digitalriesen

Die Plattformökonomie birgt mit ihren ausgeprägten Netzwerk- und Skaleneffekten ein besonders starkes Marktkonzentrationspotenzial. Das zeigen exemplarisch die Tech-Giganten wie Google, Apple Amazon & Co. Diese stellen international längst Quasi-Monopole dar, an denen kaum ein Weg vorbeiführt.
Marktübergreifend starke Plattformbetreiber, die Nutzerdaten sammeln und auswerten – Daten haben ja eine stets wachsende Bedeutung als Wertschöpfungsfaktor – können anderen Marktplayern den Zugang zu Kundengruppen erschweren bzw. durch gezielte Strategien ihr digitales Ökosystem längerfristig unangreifbar machen. Diese mit der Digitalisierung einhergehende Änderung wirtschaftlicher Machtverhältnisse stellt die Wettbewerbspolitik vor große Herausforderungen. Die Schaffung eines adäquaten digitalen Ordnungsrahmens dürfte nicht zuletzt für mittelständische Unternehmen von großer Bedeutung sein.
Die Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) für ein fokussiertes, proaktives und digitales Wettbewerbsrecht 4.0 und anderer wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen (GWB-Digitalisierungsgesetz) dient also dazu, das deutsche Wettbewerbsrecht fit fürs digitale Zeitalter zu machen. Beschlossen wurde es vom Deutschen Bundestag am 14. Januar. Künftig kann das Bundeskartellamt einfacher und schneller – auch Dank ausgeweiteter Ermittlungsbefugnisse der Kontrollbehörden – auf digitalen Märkten ganz konkrete wettbewerbsschädliche Verhaltensweisen von Plattformunternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung untersagen. Die erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit im Fall von Streitigkeiten hat der Bundesgerichtshof.
Das Gesetz schafft außerdem Erleichterungen im Recht der Fusionskontrolle. Die Umsatzschwelle für die Fusionskontrolle wurde angehoben. Zur Regulierung der Aktivität großer Tech-Konzerne (insbesondere „very large online platforms“) auf europäischer Ebene gibt es auch konkrete Neuigkeiten: Am 15. Dezember 2020 legte die EU-Kommission ein Gesetzpaket in Form zweier Verordnungsentwürfe vor – zum einen den Verordnungsvorschlag für einen Binnenmarkt für digitale Dienstleistungen, den sog. Digital Services Act (DSA) und zum anderen den Verordnungsvorschlag für „wettbewerbsfähige und faire Märkte im digitalen Sektor“, den sog. Digital Markets Act (DMA). Beide Gesetzesvorhaben sollen die im Jahr 2000 in Kraft getretene europäische „E-Commerce-Richtlinie“ ergänzen bzw. ersetzen und die Gesetzeslage EU-weit vereinheitlichen. Damit werden auch weitergehende Transparenzpflichten für die Anbieter eingeführt.
Mit Hilfe beider sollen nämlich auch die Reche der Verbraucher gestärkt werden und der Missbrauch von Plattformen zur Verbreitung illegaler und schädlicher Inhalte verhindert werden, d.h. Tech-Riesen sollen mehr gegen illegale Inhalte wie Kinderpornografie sowie auch gegen Falschinformationen und Propaganda unternehmen bzw. stärker gegen Manipulationen bei Wahlen oder von Gesundheitsinformationen vorgehen.
Das aktuelle Novellierungsgeschehen hat sicherlich gewisse Schwächen; wir betrachten es aber insgesamt als wichtigen Schritt nach vorne.
Autor: Cecilia Atristain, Market Intelligence Senior Expert, SVP Deutschland AG
Quelle: eGovernment Computing 25.01.2021, Reuters 15.12.2020 und Haufe Online 30.12.2020