Chemie 2050 – Treibhausgasneutralität technologisch möglich

Im Rahmen der aktuellen Klimadebatte und den teilweise doch etwas aktionistischen Maßnahmen sind es gute Nachrichten, die der Verband der Chemischen Industrie e.V. (VCI) verkündet. Die Bundesregierung hat für das Jahr 2050 Treibhausgasneutralität als Ziel ausgerufen. Im Rahmen einer aktuell von der DECHEMA und Future-Camp erstellten Studie zeigt der VCI interessante Szenarien auf, wie dieses Ziel erreicht werden könnte. Die deutsche chemische Industrie kann ihren Ausstoß von Treibhausgasen mit der Hilfe neuer Produktionstechnologien bis 2050 fast vollständig reduzieren.

Dass die Chemieindustrie bereits auf einem guten Weg ist, hat sie mittlerweile bewiesen. Von 1990 bis 2017 sind die Treibhausgasemissionen aus dem Energiebedarf und den Prozessen um 48 Prozent gesunken. Auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität steht die Chemie, wie auch andere energieintensive Industriebranchen, jedoch noch vor großen Herausforderungen. Zum einen benötigen die heutigen Verfahren und Prozesse noch viel Energie, die wiederum Treibhausgase erzeugen. Andererseits werden in einer zunehmend treibhausgasneutralen Welt auch die CO2-Emissionen relevant, die aus dem in den Produkten enthaltenen Kohlenstoff entstehen. Dadurch unterscheidet sich die Chemie von anderen Industrien, sodass die Studie diesen Aspekt mit in die Emissionsbilanz einbezieht. Neue Verfahren und Prozesse, die vor allem auch Kohlendioxid (CO2) als wichtigen Rohstoff für neue chemische Wertstoffe einbeziehen, sind sicherlich ein Schlüssel für eine Treibhausgas-neutralität im Sinne einer zukünftigen Kreislaufwirtschaft der chemischen Industrie. Ein interessanter Ansatz ist das Rheticus-Projekt von Evonik und Siemens, in dem man Kohlendioxid mit Hilfe von Strom aus erneuerbaren Quellen und Bakterien in Spezialchemikalien umwandelt. Eine erste Versuchsanlage entsteht aktuell in Deutschland.

Um zur Erfüllung der langfristigen Klimaschutzziele bis 2050 beitragen zu können, steht die Branche vor einer Transformation, die die kommenden Jahrzehnte andauern wird. Technologisch ist eine weitgehend treibhausgasneutrale Chemieproduktion in Deutschland grundsätzlich vorstellbar. Der VCI sieht die deutsche Chemieindustrie daher auch als Speerspitze der technologischen Transformation der globalen Chemieindustrie. Aber: auch für Deutschlands Chemieindustrie müssen die Voraussetzungen für dieses Ziel stimmen. Die Unternehmen können die Transformation nur mittragen, wenn sie in jeder Phase auch noch wettbewerbsfähig bleiben und zudem über große Mengen an erneuerbarer Energie zu niedrigen Kosten verfügen können. Auch eine Treibhausgasneutralität in der Chemie gibt es nicht zum Nulltarif.
Die interessante Studie kann auf der Webseite des VCI kostenlos heruntergeladen werden. Sehr lesenswert!

Autor: Dr. Volkhard Francke, Market Intelligence Senior Expert, SVP Deutschland AG
Quellen: Verband der Chemischen Industrie e.V. (VCI) www.vci.de

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