Digitaler Autohandel – Anschub durch die Coronakrise

Die Automobilbranche tat sich lange schwer mit dem Vertriebskanal Internet. So zeigte eine PwC-Befragung aus dem Jahr 2018 unter 1.800 deutschen Händlern zwar, dass die Mehrzahl der Autohändler von einer zurückgehenden Bedeutung des klassischen Autohauses ausgehen, gleichzeitig gaben allerdings 84 Prozent der parallel befragten deutschen Verbraucher an, sich „unter keinen Umständen“ vorstellen zu können, ein Auto völlig ohne vorherige persönliche Beratung erwerben zu wollen.
Mit der Coronakrise und dem Einbruch der Verkaufszahlen und Problemen bei den Lieferketten steigt der Druck auf die Automobilbranche, die Digitalisierung voranzutreiben, generell an. Ganz konkret bietet der Online-Vertrieb die Möglichkeit, während des Lockdowns Fahrzeuge verkaufen zu können, ohne dass die Kunden die Händler physisch aufsuchen müssen.

Die Autobauer reagieren entsprechend:
So startete Opel diese Woche sein Online-Angebot „Opel Store“. In diesem lässt sich ein Fahrzeug aus dem Angebot von 700 Händlern auswählen und direkt kaufen oder leasen. Der Prozess funktioniert vollständig über die Internetseite.

Ende Dezember erfolgte der Relaunch des Online-Stores von Mercedes-Benz. Seit Mitte April liefert Mercedes-Benz die Fahrzeuge nun auch kostenlos nach Hause. Laut Mercedes-Benz richtet das Unternehmen seinen Vertrieb gezielt auf die sich verändernden Kundenwünsche im digitalen Zeitalter aus. Bis 2025 plant man, ein Viertel des weltweiten Pkw-Absatzes über Online-Kanäle zu erzielen.

Auch die Emil-Frey-Gruppe, Europas größter Autohändler, öffnete jüngst sein Online-Autohaus. Und Audi, bei denen der Verkauf während des Lockdowns bereits um 40 Prozent eingebrochen ist, versucht ebenfalls, durch digitale Tools den Schaden zu begrenzen. Neben einem Piloten für den Onlineverkauf von Neufahrzeugen bietet das Unternehmen zum Beispiel die „Audi Live Beratung“, eine Videoberatung von zuhause aus.
Die Experten von Bain & Company glauben, dass die Coronakrise zu einen Zeitsprung von rund fünf Jahren im Online-Automobilgeschäft führt und der Anteil des Onlineverkaufs bis 2025 auf 30 Prozent steigen wird.

Autor: Norman Pirngruber, Market Intelligence Senior Expert, SVP Deutschland AG
Quelle: Bain & Company; Automobil-Produktion; Automobilwoche; automotiveIT
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