Falsch eingesetzte Antibiotika

In Krankenhäusern zirkulieren immer häufiger Bakterien, gegen die kein Kraut mehr hilft. Die Weltgesundheitsorganisation sieht in wachsenden Antibiotika-Resistenzen eine wachsende Gefahr – und präsentiert als Lösungsvorschlag eine neue Kategorisierung:

Die WHO hat die vorhandenen Antibiotika jetzt in drei neue Kategorien eingeteilt. In der ersten Kategorie benennt sie Mittel, die bei ernsthaften Infektionen eingesetzt werden sollen, in der zweiten solche, die jedes Gesundheitssystem zwar vorhalten, aber nicht immer bei den gängigsten Infektionen verabreichen sollte. In der dritten Kategorie führt sie die Mittel auf, die nur als letzter Ausweg genutzt werden sollen.

Ergänzend dazu wird weltweit an neuartigen Antibiotikaklassen und alternativen Therapien gearbeitet: Jüngstes Beispiel für eine neue Klasse ist der Wirkstoff Lefamulin. Es wurde aus den natürlicherweise vorkommenden Pilzen namens Pleuromutilinen entwickelt, die bereits in den 1950er-Jahren entdeckt wurden. Die ersten Vertreter der Wirkstoffklasse, Tiamulin und Valnemulin, werden in der Veterinärmedizin eingesetzt. In den USA ist Lefamulin unter der Marke Xenleta seit August 2019 für den Einsatz bei ambulant erworbenen Lungenentzündungen zugelassen. Die Zulassung in Europa steht noch aus.

Eine weitere Alternative bietet auch die Phagentherapie. In Ermangelung von antibiotischen Wirkstoffen wurde diese Technologie seit den 1920er Jahren vor allem in Ländern des Ostblocks entwickelt und praktiziert. Die Herstellung war bisher recht mühselig und zeitintensiv, da die Phagen aus ihrer natürlichen Umgebung isoliert und gezüchtet werden mussten. Forschern der ETH Zürich ist es nun gelungen Bakteriophagen so zu programmieren, dass sie nicht nur ihren üblichen Wirt, sondern auch andere Mikroorganismen erkennen und abtöten können. Damit ebnen die Forscher den Weg für den therapeutischen Einsatz standardisierter Phagen. Doch bis eine Therapie mit genetisch modifizierten Phagen in die Klinik kommt, sind noch viele Hürden zu nehmen. Neben dem Modellsystem Listeria planen die Forscher nun, modifizierte Phagen gegen andere Krankheitserreger zu erzeugen, die häufig von Resistenzen betroffen sind: dazu gehören Staphylococcus aureus, Klebsiella pneumoniae, Pseudomonas aeruginosa und Enterobacter.

Originalpublikation: Dunne M, et al. Reprogramming Bacteriophage Host Range through Structure-Guided Design of Chimeric Receptor Binding Proteins. Cell Reports, Vol 29, Issue 5, p1336-1350.E4, Oct 29, 2019. DOI: 10.1016/j.celrep.2019.09.062

Autor: Anja Fürbach, Market Intelligence Senior Expert, SVP Deutschland AG
Quelle: www.deutschesgesundheitsportal.de/2019/11/04/synthetische-phagen, www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/zunahme-von-antibiotika-resistenten-bakterien-ist-alarmierend, www.aerzteblatt.de/nachrichten/105426/Lefamulin

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