GAIA-X und die europäischen Perspektiven für die digitale Ökonomie
Plattformökonomie strebt nach ganzheitlicher Wertschöpfung
Digitale Plattformen verschieben die Machtverhältnisse im Markt, denn sie bestimmen immer mehr nicht nur über Distribution, sondern auch über die Wertschöpfung als Ganzes. Dabei streben Plattformen als flexible Infrastrukturen in besonderer Form nach Größe – nach Ökosystem-Netzwerken, End-to-End-Wertschöpfung und Skaleneffekten – und steuern somit letztendlich eine monopolisierende Dynamik an.
Zentraler Aspekt der Plattformökonomie ist die vielversprechende Kombination von umfangreicherer Datenanalyse mit physischen und digitalen Produkten bzw. Leistungen. Dies bildet die Grundlage neuer digitaler Geschäftsmodelle. In Deutschland und Europa insgesamt gibt es eine Vielzahl von Unternehmen, die digitale Plattformen aufbauen oder auf ihnen aktiv sind. Um jedoch mit den USA und China mithalten zu können, müssten europäische Unternehmen am besten konzertiert im europäischen Rahmen die Plattform-Welt ausbauen und erobern.
Das europäische Cloud- und Dateninfrastruktur-Projekt GAIA-X geht dabei in die richtige Richtung. GAIA-X, das neue digitale Ökosystem Europas, ist ein ambitioniertes Projekt für eine europäische Daten-Infrastruktur als Alternative zu Diensten amerikanischer Riesen und ebnet europäischen Firmen den Weg zu digitalen Geschäftsmodellen. Deutsche und französische Unternehmen und Organisationen gehen voran, um GAIA-X europaweit zu etablieren. Anfang Juni startete Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gemeinsam mit dem französischen Minister für Wirtschaft und Finanzen, Bruno Le Maire, die zweite Phase der GAIA-X-Initiative. Dabei stellt die Gründung der GAIA-X-Organisation laut Bitkom einen essenziellen Meilenstein dar.
Angesichts des globalen Wettbewerbs ist die Ausrichtung auf Industrie 4.0 sehr wichtig. Der Erfolg von GAIA-X als Konkurrenz zu chinesischen oder amerikanischen Plattformen hängt stark davon ab, wie schnell eine hohe Reichweite sowie ein hohes Volumen an „produktiven Daten“ erzielt werden kann, wie ein Beitrag im bevh-Blog vom 5. Juni anmerkt. Aber, hat GAIA-X die notwendige ganzheitliche Vision für alle Wertschöpfungsfelder der Plattformökonomie? Wie steht es um die staatliche Förderung von GAIA-X und deren Betreibergesellschaft in Belgien? Wie sieht es hier mit dem unternehmerischen Geist aus? Und wie kontraproduktiv sind die, aus wirtschaftlichen Gründen nachvollziehbaren, parallelen Engagements der technologischen Partner von GAIA-X am digitalen Modernisierungsprogramm in der Volksrepublik China?
Das Rennen um die Führerschaft im Bereich Industrie 4.0 geht gerade los. Europa fehlen weniger die fachlichen Ressourcen, aber wohl die Rahmenbedingungen für eine pragmatischere und effizientere Handlungsweise.
Autor: Cecilia Atristain, Market Intelligence Senior Expert, SVP Deutschland AG
Quelle: Bitkom Presseinformation vom 4. Juni 2020 https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Bitkom-unterstuetzt-deutsch-franzoesische-GAIA-X-Organisation; www.bevh.org/blog/post/2020/06/05/
