Gamechanger: Kreislaufwirtschaft Phosphor

falco, pixabay.com

Vor kurzem hatten wir uns den Kunststoffkreislauf angesehen, der durch das chemische Recycling nun geschlossen werden konnte. Auch im Phosphorkreislauf deutet sich nun eine Vollendung des Kreislaufes an. Im Sinne einer zirkulären Wirtschaft schließen sich zunehmend Rohstoffkreisläufe.

Phosphor ist ein kritischer strategischer Rohstoff ohne den bspw. die Landwirtschaft nicht möglich wäre. Weltweit werden über 200 Mio. Tonnen Phosphaterz jährlich abgebaut. Rund 90% dieser Phosphate finden ihren Einsatz im Bereich der Dünge- und Futtermittel und sichern so unsere Nahrungsgrundlage. Doch die natürlichen Mineralvorkommen des Phosphors sind begrenzt – Phosphor eine endliche Ressource. Die EU setzte 2014 Phosphor auf die Liste der kritischen Rohstoffe. Und trotzdem gehen wir mit dem wertvollen Nährstoff Phosphor so verschwenderisch um. Eine zukünftige Recyclingpflicht in Deutschland soll dies nun ändern. 2017 wurde in Deutschland eine Änderung der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) beschlossen. Hierbei verstärkt man das Recycling von Wertstoffen aus kommunalen Abwässern und Klärschlämmen. Im Fokus steht vor allem Phosphor, der als Düngemittel eingesetzt werden kann. Aktuell werden fast zwei Drittel der kommunalen Klärschlämme verbrannt, ohne das darin enthaltene Phosphor zurückzugewinnen. Eine bestimmte Technologie oder Verfahrensweise wird durch die Verordnung nicht vorgegeben. Ab 2029 wird das Phosphor-Recycling in großen kommunalen Kläranlagen von Städten mit mehr als 100.000 Einwohner Pflicht. Ab 2032 gilt dies dann auch für Anlagen in Städten mit mehr als 50.000 Einwohner.

Theoretisch könnte man über die Kläranlagen in Deutschland jährlich rund 50.000 Tonnen Phosphor aus dem Klärschlamm zurückgewinnen und somit 40 Prozent des mineralischen Phosphordüngers in Deutschland ersetzen. Der Klärschlamm wandelt sich zukünftig in einer Rohstoffquelle um, die nicht einfach verbrannt und als Asche auf der Deponie landet. Neben der Schweiz, in der das Phosphor-Recycling aus Klärschlamm schon 2026 Pflicht wird, ist Deutschland Vorreiter in Europa. Andere europäische Länder werden sich hier vermutlich in Kürze anschließen und ähnliche Verordnungen erlassen.

In Deutschland gehen bereits jetzt schon erste Anlagen an den Start. Die weltweit erste Phosphor-Recyclinganlage hat Anfang des Jahres in Hamburg ihren Betrieb aufgenommen. Aus jährlich rund 20.000 Tonnen Klärschlammasche soll rund 6.500 – 7.000 Tonnen hochreine Phosphorsäure produziert werden. Betreiber der Anlage sind hier der Entsorger REMONDIS und Hamburg Wasser. Im Mai dieses Jahres ist am Standort Haldensleben eine erste Produktionsanlage für phosphathaltige Düngemittel aus recycelter Klärschlammasche in Betrieb genommen worden. Hier werden dann pro Jahr 60.000 Tonnen fertige Phosphatdüngemittelprodukte produziert. Auch die Entsorger, wie bspw. die RWE, wittern ein lukratives Geschäft. Zusammen mit dem Fraunhofer UMSICHT Institut und der Ruhr-Universität Bochum nahm man eine Forschungsanlage in Betrieb. Die neue Multi-Fuel-Conversion-Anlage (MFC) soll zum einen Phosphor aus Klärschlamm zurückgewinnen und zum anderen Klärschlamm und andere Brennstoffe in Synthesegas umwandeln, eine wichtige Quelle für Kohlenstoff und Wasserstoff in der chemischen Industrie.

Die Industrie hat das wirtschaftliche Potential des Phosphor-Recyclings aus Klärschlamm erkannt und steigert aktuell erheblich das Tempo. Knapp 10.000 Kläranlagen gibt es allein in Deutschland. Ein beachtliches Potential. Aber nicht nur in Deutschland, sondern auch international ist ein Wettlauf um die beste Technologie entbrannt. Die Patentanmeldungen in diesem Bereich sind in den letzten Jahren regelrecht explodiert und ein Indiz dafür, dass hier ein enormes Potential zukünftig gesehen wird. Die Phosphorrückgewinnung aus Klärschlämmen sollte in einigen Jahren zum Standard geworden sein. Dies dürfte jedoch der Startschuss für weitere Vorhaben in der Rückgewinnung von Rohstoffen aus Abwässern und Klärschlämmen sein – auch im Sinne einer zirkulären Wirtschaft.

Durch die Rückgewinnung des Phosphors schließt sich nun endlich der Phosphor-Kreislauf. Als neue Phosphor-Rohstofflieferanten von Morgen positionieren sich nun Kläranlagenbetreiber und Entsorger. Der Rohstoff Phosphor – direkt vor der Haustür und nicht mehr teuer importiert. SVP sieht hier einen Gamechanger für die Phosphorwirtschaft.

Autor: Dr. Volkhard Francke, Market Intelligence Senior Expert, SVP Deutschland AG
Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) www.bmu.de; Riffreporter 03/2021; RWE 01/2021; Seraplant 2021; Hamburg Wasser 2021