Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer der Corona-Krise?
In einigen Fällen scheint die Sache sehr eindeutig: E-Commerce, Streaming-Dienste und andere Anbieter von digitalen Diensten scheinen auf der Überholspur zu sein. Doch wie lange noch?
Einige Länder denken laut über eine Begrenzung für Streaming-Dienste nach. Disney+ erwägt – nicht ganz freiwillig – eine Verschiebung des Launchs, um einen Netz Kollaps zu verhindern und immer mehr wird deutlich: Digital geht nur, wenn es Netz gibt. Wo der Netzausbau hinkt, bleibt auch der Online-Konsum zurück.
Und Medizinproduktehersteller und Pharmakonzerne? Sie scheinen auf der Gewinnerseite zu sein. Doch nicht zwingend. Hier lohnt sich ein Blick auf die Art der Produkte. Einige werden vermehrt nachgefragt: Schutzkleidung-, Mundschutz- und Desinfektionsmittelhersteller werden mit Sicherheit nicht über die gesteigerte Nachfrage klagen, andere Produkte werden aber eben weniger gebraucht, z. B. weil elektive Operationen verschoben werden. Allerdings werden diese Märkte durch neue Wettbewerber aufgemischt: Trigema und Eterna zum Beispiel steigen neu in den Mundschutz-Markt ein und nähen statt Hemden in Zukunft mehrfach nutzbare Masken. Beide Unternehmen wollen damit drastisch gesunkene Aufträge im Bekleidungsbereich kompensieren und nutzen ihr internes Know-how einfach für neue Produkte.
Interessant wird es, wenn die Krise ein Ende findet. Bleiben solche Quereinsteiger an Bord oder konzentrieren sie sich wieder auf ihr eigentliches Kerngeschäft? Wie sieht es bei den Arzneimittelherstellern aus: Narkotika, die sowohl für die Anästhesie wie auch bei Beatmungspatienten benötigt werden, sind knapp. Einzelne Medikamente waren schon vor der Krise akut knapp, die Krise verschärft die Situation allerdings um ein Vielfaches: Ein Klassiker ist Propofol. Im Oktober bereits wurde vor einem Lieferengpass gewarnt. Eine Vergrößerung der Produktionsmengen ist spontan nicht zu erwarten. Beide für den deutschen Markt relevanten Hersteller kämpfen aktuell mit Qualitätsproblemen, gehört Propofol als iv-anwendbares Mittel doch in eine Klasse von Präparaten, die mit den höchsten Auflagen versehen sind. Wenn eine Steigerung der Produktion nicht in Sicht ist, bleibt nur auf der Abnahmeseite zu sparen. Und das wäre im Klinikalltag durchaus möglich: Aus Angst vor „Kunstfehlerklagen“ wird Propofol allerdings unnötig oft als Mittel der ersten Wahl eingesetzt, obwohl es gleichwertige Alternativen für die Betäubung bei Operationen gäbe. Zweitens kommt ein nicht zu vernachlässigender Teil gar nicht beim Patienten an, sondern wird als Restmenge entsorgt.
Eine schnelle Lösung wäre die Verwendung kleinerer Vials, um hier nur zu verbrauchen was nötig ist, anstatt halb volle Flaschen zu entsorgen. Und sogar die Weiterverwendung angebrochener Flaschen sollte bei Einhaltung genereller Hygieneregeln möglich sein. So könnten Einsparungen aus dem OP-Betrieb potenziellen Beatmungspatienten zugutekommen, für die es aktuell weniger Alterativen gibt.
Autor: Anja Fürbach, Market Intelligence Senior Expert, SVP Deutschland AG
Quelle: SVP Research
