H2 Forum 2021: Wasserstoff ist vielversprechend, aber es gibt Herausforderungen

Am 27. und 28. April fand das H2 Forum 2021 (Digital Edition) statt. Es war hochinteressant zu sehen, wie die grüne Wasserstoffwirtschaft im Entstehen ist und sich neue Perspektiven für den Klimaschutz durch Innovationen öffnen. Lösungen und Konzepte nehmen entlang der gesamten H2-Wertschöpfungskette Fahrt auf, ob bei Energieversorgern, Automobil- und Industrieunternehmen, Technologieherstellern oder Forschungseinrichtungen. Teilweise befinden sich die Technologien noch in Pilotstadien und noch ist Wasserstoff teuer. Skaleneffekte und steigendes Fachwissen werden jedoch zu Kostenreduzierungen führen, so dass unsere Energiewelt bereits in zehn Jahren eine andere sein wird.
In Europa wird die grüne Energiequelle für die energieintensive Elektrolyse hauptsächlich Offshore-Wind sein, was den Ausbau hier weiter pushen wird. Bereits bis 2024 sollen europaweit 6 GW Elektrolyseur-Kapazität entstehen. Die Größe der Anlagen wächst, denn gerade Großprojekte sind notwendig, um die Produktions- und Logistikkosten zu senken. Dennoch wird die europäische Produktion nicht ausreichen, so dass auch die Wasserstoffimporte hochgefahren werden müssen. Weltweit werden Regionen interessant, wo sich große Mengen grüne Energie zu niedrigen Preisen produzieren lassen.
Stahlerzeugung ist die schmutzigste Industrie der Welt. Durch den Ersatz von Kohle durch Wasserstoff ließen sich hier die globalen CO2-Emissionen um neun Prozent verringern. Beim aktuellen Preisniveau würde dies die Kosten für eine Tonne Stahl um etwa ein Drittel in die Höhe treiben. Diese Preisdifferenz wird sich in den kommenden Jahren aber verringern und könnte nach den Prognosen bis 2030 verschwinden. Auf der einen Seite steigen die C02-Preise bei einer Nutzung fossiler Energien, auf der anderen Seite sinken die Kosten für Strom aus erneuerbaren Energien weiter. Effizienzgewinne durch die Produktion von Wasserstoff in größerem Maßstab und die Optimierung der wasserstoffbasierten Stahlerzeugungsprozesse kommen hinzu.
Die Produktion von Wasserstoff ist nur ein Faktor, weitere Herausforderungen wie Transportinfrastruktur, Wasserstoffspeicherung oder Logistik kommen hinzu. Es wird ein H2-Netz benötigt, um die Verbindung zwischen Produktion und Verbrauch herzustellen. Ferner braucht man Reserven. Der Lösungsansatz liegt im Gastransportnetz und auch die norddeutschen Salzkavernen könnten neue Speicherfunktionen übernehmen. Die europäischen Fernleitungsnetzbetreiber arbeiten bereits an einem Wasserstoffnetz, das ab Mitte der 2020er Jahre bis 2040 schrittweise zu einer Länge von 23.000 Kilometern ausgebaut werden soll. Es besteht zu 75 Prozent aus umgewidmeten Erdgasleitungen. Gerade auch unter Berücksichtigung von Wasserstoffimporten ist so ein Netz ein unerlässlicher Backbone.
Grüner Wasserstoff entwickelt sich zum Commodity. Es gibt viele Parallelen zwischen einer künftigen Wasserstoffwirtschaft und der heutigen Energiewirtschaft auf Basis von Strom und Gas. Zudem hat Wasserstoff eine gute Eignung für die Sektorkopplung. Wasserstoff kann in unterschiedlichsten Bereichen als Energieträger eingesetzt werden: im Verkehr, in der Industrie, im Wärmebereich oder zur Stromerzeugung.
Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen in Europa um mindestens 55 % verringert werden, um 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Das bedeutet, dass 85 % des derzeitigen europäischen Endenergieverbrauchs dekarbonisiert werden müssen. Dieser Prozess zieht sich durch sämtliche Sektoren. Das Engagement der Wirtschaft ist groß. Wasserstoff wird zum Topthema. Zunächst müssen für die neuen Lösungen und Konzepte Vorleistungen erbracht werden. Subventionen sind erforderlich. Doch sobald der Wasserstoff wettbewerbsfähig wird, öffnen sich überall Marktchancen für neue Geschäftsmodelle. Für 2030 wird ein EU-Marktvolumen für Elektrolyseure und H2-Erzeugungsanlagen von mehr als 40 Mrd. EUR erwartet.
Veranstalter: IPM AG, Hannover
Autor: Doris Höflich, Market Intelligence Senior Expert, SVP
