Künstliches Blatt liefert Synthesegas

Noch sind die Wissenschaftler nicht so weit, dass man das künstliche Blatt für die Erzeugung von Synthesegas (Syngas), das aus Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO) besteht, kommerziell einsetzen kann. Aber man ist zuversichtlich, dass aktuelle Probleme, wie Effizienz und Haltbarkeit, gelöst werden können.

Das künstliche Blatt ist durch die Photosynthese in der Natur inspiriert worden. Auf diesem Blatt werden zwei Lichtabsorber, die das Sonnenlicht aufnehmen, mit einem Katalysator aus Kobalt kombiniert. Taucht man das künstliche Blatt in Wasser, erzeugt ein Lichtabsorber zusammen mit dem Katalysator Sauerstoff und der andere Lichtabsorber führt die chemische Reaktion durch. Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) werden zu Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff (H2) reduziert. Es entsteht das Synthesegas. Das künstliche Blatt arbeitet auch bei geringer Sonneneinstrahlung, so dass es auch an bewölkten Tagen eingesetzt werden kann und der Fokus des Einsatzes nicht nur auf sonnigen Ländern liegt. Als Lichtabsorber verwendeten die Wissenschaftler Perowskit, das im Vergleich zu anderen Materialien eine hohe Photospannung und einen hohen elektrischen Strom liefert, um die chemische Reaktion anzutreiben. Die Wahl des Katalysators fiel anstatt auf Platin und Silber auf Kobalt, das kostengünstiger ist und Kohlenmonoxid in besserer Ausbeute produziert als andere Katalysatoren.

Unter Synthesegas versteht man im engeren Sinne industriell hergestellte Gasgemische, die vorwiegend auf CO und H2 basieren, neben wechselnden Mengen anderer Gase. Am häufigsten wird das Gas zur Methanolsynthese (CO + 2H2⇌CH3OH) oder bei der Oxosynthese und in der Fischer-Tropsch-Synthese eingesetzt. Auch im Bereich der Fermentation kann es biotechnologisch genutzt werden. Das Synthesegas, das derzeit aus fossilen Brennstoffen hergestellt wird, könnte letztendlich auch zur Entwicklung nachhaltiger Kraftstoffe dienen. Die Anwendungen des Synthesegases sind denkbar vielfältig. Drücken wir den Wissenschaftlern die Daumen, dass sie die aktuellen Probleme des künstlichen Blatts in den Griff bekommen.

Autor: Dr. Volkhard Francke, Market Intelligence Senior Expert, SVP Deutschland AG

Quelle: University of Cambridge, www.cam.ac.uk; Originalartikel: Virgil Andrei, Bertrand Reuillard & Erwin Reisne; „Bias-free solar syngas production by integrating a molecular cobalt catalyst with perovskite–BiVO4 tandems“, Nature Materials, 2019

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