Lieferengpässe bei Medikamenten
Letztes Jahr waren es die Impfstoffe, dieses Jahr nun Narkotika. Lieferengpässe wachsen sich zu einem ernstzunehmenden Problem in der Grundversorgung aus. Schuld sind ungeplante Betriebsausfälle, die von anderen Herstellern nicht kompensiert werden können, weil es diese vielfach schlicht nicht mehr gibt. Fällt dann ein Monopolist auf längere Zeit aus, so hat das gravierende Folgen. Akut warnt der Berufsverband der Anästhesisten (BDA) vor einem Notstand, denn das gerne benutzte Narkotikum Propofol ist aktuell nicht verfügbar. Wer keinen Vorrat angelegt hat, sieht sich vor die Wahl gestellt, ein anderes Narkosemittel zu benutzen oder die OP abzusagen. Das Ausweichen auf andere Mittel ist jedoch nicht immer möglich, wenn es z. B. darum geht, schwerwiegende Nebenwirkungen zu vermeiden und die Gesundheit speziell von Kindern und auch Älteren nicht unnötig durch längere Aufwachphasen zu gefährden. (Birgt doch gerade die Nach-OP-Phase für bestimmte Patientengruppen ein besonderes Risiko, sich von den Folgen der Narkose nicht mehr zu erholen.)
Bleibt die Frage, wie es überhaupt so weit kommen konnte? Von Lieferengpässen betroffen sind derzeit rund 250 Medikamente. Dabei handelt es sich (fast) ausschließlich um Generika. Diese bieten eine vergleichsweise schlechte Gewinnmarge und rentieren sich für viele Hersteller einfach nicht mehr. Die Wirkstoffproduktion erfolgt aus Kostengründen überwiegend in Asien (vor allem in China und Indien). Doch die Produktionsstandards dort ließen wiederholt zu wünschen übrig. Die Folge sind Verkaufssperren oder Auflagen durch die westlichen Zulassungsbehörden mit den daraus resultierenden Engpässen.
Wie soll man das Dilemma lösen? Ob das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV), das Mitte August 2019 in Kraft trat, eine Besserung bringen kann ist um stritten. Das Patentrezept ist offenbar noch nicht gefunden, aber es wird Zeit, dass die Politik sich intensiver damit beschäftigt.
Autor: Anja Fürbach, Market Intelligence Senior Expert, SVP Deutschland AG
Quelle: www.focus.de/gesundheit/news/propofol-echtes-problem-anaesthesisten-warnen-vor-notstand-bei-wichtigem-narkose-medikament_id_11384006.html, www.heise.de/tp/features/Lieferengpaesse-bei-Medikamenten-4595339.html

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