Pandemie belastet die forschende Industrie
Deutschlands Position als eine führende Technologienation gerät generell stärker unter Druck
Die wirtschaftliche Bedeutung digitaler Plattformen ist immens: Etwa ein Zehntel des Welt-Bruttosozialprodukts wird im Rahmen der Plattformmärkte generiert. Anfang 2020 war Apple mit einem Börsenwert von 1,26 Billionen erstmals wertvoller als alle 30 Dax-Konzerne zusammen. Die fünf Plattformunternehmen, die Anfang 2019 die größten weltweit waren – Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet/Google und Facebook – lagen mit einem Börsenwert von mehr als 4 Billionen Euro deutlich über dem deutschen Bruttoinlandsprodukt von 3,34 (2018) bzw. 3,44 Billionen Euro (2019).
Im B2C-Umfeld haben erfolgreiche Plattformunternehmen bereits eine sehr prominente Stellung. Im B2B-Umfeld haben sich dominierende Marktteilnehmer noch nicht herausgebildet. Grund hierfür dürfte teilweise die notwendige Spezialisierung sein. Hinzu kommt im Falle Deutschlands auch, dass die hiesigen Industrieunternehmen der Plattform-Ökonomie weiterhin überwiegend skeptisch gegenüberstehen: Während 41 Prozent der Industrieunternehmen digitale Plattformen eher als Risiko für das eigene Geschäft betrachten, werden sie nur von 37 Prozent der Befragten als Chance wahrgenommen, so eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom vom Februar 2020. Damit zeigt sich die Industrie deutlich skeptischer als der Dienstleistungssektor (Risiko: 27 Prozent; Chance: 43 Prozent) und der Handel (Risiko: 22 Prozent; Chance 60 Prozent).
Fest stand dennoch bereits in der Zeit vor Corona, dass immer mehr deutsche Industrieunternehmen eine digitale Plattform für den Geschäftskundenbereich entwickeln und damit einen entscheidenden Beitrag zur Implementierung von Industrie 4.0 leisten. Adamos (Allianz für die Digitalisierung im Maschinenbau), die Open Industry 4.0 Alliance, Laserhub (Beschaffungsplattform für Blechteile), Xometry (Netzwerk für Produktionsleistungen, das Hersteller von mechanischen Teilen mit Auftraggebern verbindet) und Facturee (Onlinefertiger, Anbieter von CNC- und Blechbearbeitung, 3D- Druck sowie Oberflächenbehandlungen) sind einzelne interessante Beispiele. Die Vielfalt an Einsatzfeldern ist groß: Von Logistik- und IIoT-Plattformen bis hin zu Marktplätzen und zur effizienteren Nutzung von Maschinen und Anlagen.
In Conona-Zeiten werden die Vorteile digitaler Industrieplattformen noch deutlicher. Durch ihr Netzwerkkonzept sehen sich Plattformen besser als die herkömmliche Beschaffung gewappnet – mit Vorteilen im Hinblick auf die Schnelligkeit und Stabilität von Lieferketten sowie auf die Effizienz von Lieferwegen. Es zeigen sich die Chancen digitaler Technologien für Wirtschaft und Gesellschaft deutlicher denn je und dies wird dazu führen, die Digitalisierung über alle Sektoren hinweg massiv voranzutreiben.
Autor: Cecilia Atristain, Market Intelligence Senior Expert, SVP Deutschland AG
Quelle: Handelsblatt 21.06.2020, vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. 23.06.2020, Bertelmann Stiftung 03.06.2020, Handelsblatt 03.06.2020
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