Projekt Westküste 100

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Mit dem Projekt Reallabor Westküste 100 soll in Schleswig-Holstein eine regionale Wasserstoffwirtschaft im industriellen Maßstab entstehen. Hinter dem Vorhaben seht ein Konsortium aus zehn Unternehmen und ein Investitionsvolumen von insgesamt 89 Millionen Euro. Der Bund hat nun aktuell auch eine Förderzusage über 30 Millionen Euro gemacht. An der Raffinerie Heide in Schleswig-Holstein soll eine Elektrolyse-Anlage gebaut werden, die aus dem überschüssigen Windstrom der Region grünen Wasserstoff herstellt.

Im ersten Ausbauschritt soll zunächst ein kleinerer Elektrolyseur mit 30 Megawatt bis Mitte 2023 in Betrieb gehen. Er dient als Lernprojekt und somit Grundlage für die nächsten Skalierungsschritte, die für eine 700 Megawatt-Anlage erforderlich sind, die bis 2030 in Betrieb gehen soll. Das Projekt Westküste 100 soll zur Dekarbonisierung von Industrie, Verkehr und Wärme beitragen. Das Besondere ist die Verzahnung unterschiedlicher Sektoren innerhalb einer bestehenden regionalen Infrastruktur. Hierzu zählt nicht nur die Einbindung des grünen Wasserstoffs in den bestehenden Prozessen der Raffinerie, um grauen Wasserstoff zu ersetzen. In Zukunft will man den Wasserstoff für die Produktion klimafreundlicher Treibstoffe für Flugzeuge oder Schiffe nutzen. Dazu sollen Wasserstoff aus der Elektrolyse und unvermeidbares CO2 aus einer regionalen Zementproduktion eingesetzt werden.

Im Rahmen der ersten Projektphase wird die Umstellung des Zementwerkes Lägerdorf auf ein umweltfreundlicheres Verbrennungsverfahren (Oxyfuel) vorbereitet. Perspektivisch soll der Wasserstoff auch in das Gasnetz eingespeist und in den in der Region vorhandenen Kavernen gespeichert werden können. Anvisiert ist eine Wasserstoffquote im Gasnetz von bis zu 100 Prozent bis 2050. Thüga und die Stadtwerke Heide wollen zukunftsweisend vorangehen und planen einen Testlauf mit einer Wasserstoff-Beimischung von bis zu 20 Prozent in einem Netzabschnitt mit über 200 Haushaltskunden. Die technischen Verfahren sind alle vorhanden. Bei den Reallaboren geht es darum, sie im industriellen Maßstab voranzubringen.

Autor: Doris Höflich, Market Intelligence Senior Expert, SVP Deutschland AG
Quelle: Erneuerbare Energien, 03.08.2020