Tragbare Superkondensatoren

Nicht unbedingt ein neues Material, aber auf jeden Fall eine advanced reaction: Forschern an der Universität Glasgow ist es gelungen, menschlichen Schweiß als Elektrolyt für die Herstellung tragbarer Superkondensatoren zu nutzen. Tragbare Geräte und smarte Textilien besitzen ein großes Marktpotential, gerade in den Bereichen Patientenüberwachung, Notfall-Management, Sicherheit am Arbeitsplatz, Produktivitätssteigerung und natürlich auch im Sport, so wie wir es alle kennen. Diese smarten Systeme müssen über viele autark vernetzte aktive oder passive Sensoren, Aktuatoren, sowie Anzeigen und Schaltkreise zur interaktiven Kommunikation verfügen. Gerade faserbasierte Systeme, speziell zur Energieerzeugung und Energiespeicherung sind von großem Interesse. Einige Versuche basieren noch auf dem Einsatz von konventionellen Batterien. Diese aber schränken aufgrund ihrer Nichtflexibilität, möglicher Überhitzungsprobleme, der Verwendung giftiger Elektrolyte und ihrer begrenzten Lebensdauer die Tragbarkeit sehr stark ein.

Die Forscher setzten hier auf den Einsatz von natürlichem Schweiß als Biofluid für die Entwicklung flexibler Superkondensatoren. Schweiß kann aufgrund seiner salzhaltigen Zusammensetzung genutzt werden, um elektrochemische Energie zu speichern. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Schweiß ist ungiftig, umweltfreundlich und als Elektrolyt für tragbare Energiespeicher sehr zuverlässig. In unserem Beispiel benutzt der Superkondensator einen Stoff aus Polyestercellulose als Substrat und für den Separator.

Dazu kommt Poly(3,4-ethylenedioxythiophene):Poly(styrenesulfonate) (PEDOT:PSS) als aktive Elektrode und als Kollektor für den Schweißelektrolyt. Dieses konjugierte Polymersystem führt zu einer sogenannten Faradayischen Phasentransfer-Redoxreaktion. Aufgrund der hohen Absorptionsrate des Stoffes aus natürlichen Cellulosefasern (55 Prozent Cellulose und 45 Prozent Polyester) kann der Körperschweiß schnell absorbiert werden und selbst bei geringer Schweißmenge zeigt der entwickelte Superkondensator noch eine nennenswerte Leistung.

Das PEDOT:PSS-System scheint als Elektrode hier ideal zu sein, es zeigt sowohl eine gute Leitfähigkeit, bindet besser an Textilien, kann bei niedrigen Temperaturen gut verarbeitet werden und zeigt eine gute Biokompatibilität. Die Forscher dotierten das System noch mit dimethyl sulfoxide (DMSO), um die Leitfähigkeit noch weiter zu steigern.

Interessanterweise beobachteten die Forscher, dass eine erhöhte NaCl-Konzentration und größeres Volumen auch zu einer erhöhten Leitfähigkeit des Elektrolyten führte. Also: je „schweißtreibender die Angelegenheit“, desto besser die Leitfähigkeit. Mögliche Bedenken wegen schnellem Materialabbau und schneller Verdunstung des Schweißes konnten durch Beschichtung mit Ecoflex, einem bioabbaubaren und kompostierbaren Kunststoff der BASF und einem Graphit:CuO-Komposit umgangen werden. Schweiß wird hier also sowohl als Überwachungsparameter als auch als Energiespeicher eingesetzt.

Es bleibt abzuwarten, wie diese Ergebnisse demnächst praktischen Einzug halten in die smarten und tragbaren Geräte von morgen!

Autor: Dr. Ronald Hinz, Market Intelligence Senior Expert, SVP Deutschland AG
Quelle: Dr. L. Manjakkal, Dr. A. et. al., Bendable Electronics and Sensing Technologies (BEST) Group, School of Engineering, University of Glasgow, UK in Adv. Mater. 2020, 1907254 (DOI: 10.1002/adma.201907254)
Bild: ©Jürgen Fälchle, adobestock.com