Zukunftsdialog Wissenschaft und Wirtschaft in Heidelberg – wir waren dabei!

Die SVP-Expertinnen, Anja Fürbach und Thip Pruckner, aus dem Bereich Healthcare und Pharma, nahmen am 6. November 2018 am „Zukunftsdialog Wissenschaft und Wirtschaft“ in Heidelberg teil.

Medizin 4.0: Herausforderungen und Chancen in Forschung, Technik und Industrie, so lautete die Überschrift zum ersten von der Stadt Heidelberg initiierten „Zukunftsdialog“ am vergangenen Dienstag. Wissenschaft, Wirtschaft und interessierte Bürger waren aufgerufen, über die sich stellenden Herausforderungen zu diskutieren. Wie wichtig dieser Dreiklang ist, zeigten vor allem die Zwischenfragen vor allem aus der Bürgerschaft, die zwar nicht grundsätzliche Ablehnung, aber doch begründete Sorgen zum Ausdruck brachten. Wird unsere zukünftige medizinische Behandlung immer mehr maschinisiert und automatisiert? Wo bleibt die menschliche Zuwendung im Zeitalter von Pflegerobotern?
Den Antworten der beteiligten Forscher ist klar zu entnehmen, dass eine Automatisierung wie auch Digitalisierung von bestimmten Leistungen der Weg zum Ziel sein muss, um den Pflegern und Ärzten die Zeit zurückgeben zu können, die sie aktuell tagtäglich mit Bürokratie und anderen Hürden verlieren.

Am Beispiel von verschiedenen Kooperationsprojekten konnten Heidelberger Forscher zeigen, wie intensiv mittlerweile der Austausch und der Grad der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Forschungsdisziplinen aber auch sektorübergreifend mit der Industrie ist.
Im Vortrag des Heidelberger Forschungsinstituts Informatics for Life konnte eindrücklich gezeigt werden, dass personalisierte Medizin nicht nur von Medizinern, sondern zunehmend von Informatikern und Data Scientists ausgeübt wird. Präzisionsmedizin geht zwingend mit einer Flut von persönlichen Daten einzelner Individuen einher, denn nur bei Kenntnis der Einzigartigkeit eines Patienten ist eine zielgenaue Vorhersage der weiteren Gesundungs- wie auch Krankheitsentwicklung sowie die passende Auswahl und das Monitoring der Therapie möglich. Daten, die dem individuellen Patienten entstammen, ob aus der bildgebenden Diagnostik oder aus molekularen oder Gen-Analysen, werden miteinander verschmolzen und letztendlich in einem modellierten digitalen Zwilling vereinigt, an dem der individuelle Verlauf der Erkrankung sichtbar gemacht werden kann.

Durch das Zusammenspiel von Digital Health, Precision Medicine und Big Data entstehen so neue Spielwiesen wie die „Computational Cardiology“, die helfen könnte, die Todesursache Nr. 1 der Menschheit besser zu beherrschen. Im Rahmen der Digital Health Trends werden Wearables daher eine wichtige Rolle spielen. Auch das Arzt-Patienten-Verhältnis werde sich dahingehend verändern, dass der Patient zukünftig nicht mehr vom Arzt gesehen wird wie bisher. Vielmehr werde es in der Zukunft eine kontinuierliche Gesundheitsüberwachung aus der Ferne geben.

Medizin und Robotik sind ein anderes Feld sinnstiftender Allianzen. Mobilitätshilfen für Querschnittgelähmte oder Pflegeroboter zur körperlichen Entlastung von Pflegekräften sind weitere Beispiele einer intensiven Zusammenarbeit von Medizinern, Naturwissenschaftlern und Ingenieuren, die den Maschinen zunächst einmal die Menschlichkeit geben müssen. Wie schwierig es ist, scheinbar banale menschliche Bewegungsmuster in mathematische Modelle zu übersetzen und anschließend in das Design und den Bau von Robotern einfließen zulassen, wurde eindrücklich geschildert. Doch wie breit ist die Akzeptanz von Robotern in der Gesellschaft? Darüber wurde nach der Präsentation hitzig diskutiert. Ein älterer Teilnehmer war gegenüber den Mobilitätsassistenzrobotern eher negativ eingestellt, da ein Roboter den persönlichen Kontakt nicht ersetzen könne. Nun muss man zugeben, dass die vorgestellten Prototypen relativ Furcht einflößend aussahen – mit der Vielzahl an eingebauter Technik. Sympathische Pflegekräfte sehen anders aus. Ein anderer hingegen begrüßte die Idee, Roboter für körperlich beanspruchende Tätigkeiten, wie z. B. als Aufstehhilfen, einzusetzen. Er sehe das Problem der fehlenden Akzeptanz eher darin, dass der Begriff „Roboter“ negative Assoziationen wecke.

Wie wenig digital unser deutsches Gesundheitssystem aktuell ist, zeigt sich Tag für Tag. Der Wunsch nach Datenaustausch über Sektorgrenzen hinweg besteht seit Jahrzehnten; die elektronische Gesundheitsakte konnte jedoch innerhalb der letzten zehn Jahre nicht realisiert werden. Warum das so schwierig ist, zeigen Hürden, vor allem im Datenschutz, aber auch in der mangelnden Interoperabilität der Leistungserbringer und deren IT-Systeme. Ein Erfolg kann das nur werden, wenn Sicherheit sowie Transparenz und damit Vertrauen erzeugt werden. Dazu müssen aber alle beteiligten Parteien beitragen und den Patienten in den Mittelpunkt der Datenhoheit rücken.

Bildquelle: SVP Deutschland AG