Equipment-as-a-Service (EaaS): Ein zukunftsweisendes Geschäftsmodell
Equipment-as-a-Service (EaaS) ist ein innovatives Modell, das den traditionellen Kauf von Maschinen und Produktionssystemen ablöst. Statt Maschinen zu erwerben, mieten Unternehmen diese gegen Entgelt und erhalten dazu umfassende Serviceleistungen. EaaS ermöglicht es Unternehmen, Kosten zu senken, Risiken zu minimieren und die Effizienz zu steigern. In diesem Artikel werden die Funktionsweise, die Vorteile, die Herausforderungen sowie Perspektiven von EaaS detailliert beleuchtet.
Definition und Funktionsweise
Beim EaaS-Modell bleibt der Hersteller Eigentümer der Maschine und stellt diese dem Kunden zur Verfügung. Wartung, Ersatzteile und Verbrauchsmaterialien werden vom Hersteller bereitgestellt, der auch die Verfügbarkeit garantiert. Bezahlt wird nach einem Pay-per-Use-Modell oder über eine monatliche Gebühr. Dieses Modell sichert dem Anbieter kontinuierliche Einnahmen und erhöht gleichzeitig die Kundenbindung. Kunden profitieren von einer flexiblen Nutzung ohne hohe Anfangsinvestitionen.
Vorteile von EaaS
- Full-Service-Lösung: Kunden erhalten nicht nur Maschinen, sondern eine ganzheitliche Lösung für ihre Produktionsprozesse. Dies entlastet sie von Wartungs- und Instandhaltungsaufgaben.
- Wiederkehrende Einnahmen: Anbieter generieren durch Pay-per-Use oder Abonnementmodelle stabile und vorhersehbare Einnahmen.
- Höhere Kundenbindung: Ein kontinuierlicher Austausch stärkt die Beziehung zwischen Anbieter und Kunde.
- Steigerung des Customer Lifetime Value: Durch die regelmäßigen und wiederkehrenden Umsätze wird der Customer Lifetime Value langfristig gesteigert. Eine erhöhte Kundenbindung bietet zudem deutlich mehr Monetarisierungsmöglichkeiten sowohl für Cross- und Upselling.
- Mehr Transparenz: Bei EaaS gewinnen Hersteller detaillierte Einblicke, wie der Kunde die Maschinen nutzt. So kann er Probleme und Potenziale identifizieren und seine Angebote optimal weiterentwickeln.
- Risikominimierung: Kunden übertragen Betriebsrisiken und profitieren von planbaren Kosten.
- Nachhaltigkeit: Längere Lebenszyklen von Maschinen sparen Ressourcen und reduzieren den CO2-Ausstoß.
Nachteile von EaaS
- Vorfinanzierung: Hersteller müssen hohe Anfangsinvestitionen tragen, bevor Einnahmen generiert werden. Eine Möglichkeit, dieses Risiko zu mindern, besteht darin, das EaaS-Geschäftsmodell gemeinsam mit einem Finanzierungspartner wie einer Bank oder Versicherung aufzusetzen.
- Verantwortung für Produktionsausfälle: Anbieter tragen die komplette Verantwortung für maximale Verfügbarkeit und müssen Stillstandszeiten anhand von passenden Wartungszyklen minimieren.
- Veränderung der Vertriebs- und Abrechnungsprozesse: Neue Prozesse müssen automatisiert und auf die spezifischen Anforderungen des Modells angepasst werden, um eventuelle Abrechnungsfehler zu vermeiden. Neben den üblichen Verdächtigen wie Anschaffungskosten, Wartungsaufwendungen, Ersatzteilen und Ausschuss müssen Sie bei diesem abonnementbasierten Service auch auf Dinge wie u.a. Abwanderungsquote (churn rate), Lifetime Value, Abonnentengewinnungskosten achten.
- Datensicherheit: Unsicherheiten bei der Datennutzung können Akzeptanzprobleme schaffen.
- Komplexität bei der Implementierung: Durch Veränderung der Verkaufs- und Abrechnungsprozesse. Schulungen des Vertriebspersonals einschließlich der Anpassung von Provisionsmodellen müssen vorgenommen und Abrechnungszyklen zeitnah erfolgen und auf monatlicher Basis angepasst werden.
Was sind die generellen Erfolgsfaktoren für EaaS
Basierend auf der Studie der Hochschule München mit 322 Befragten wurden sechs Erfolgsfaktoren für die Vermarktung und Verbreitung von EaaS benannt:






Voraussetzungen für den Maschinenbauer
Digitalisierung und Automatisierung sind notwendig, um Prozesse maximal effizient umzusetzen und damit das Modell finanziell tragfähig zu gestalten.
74,5 % der Befragten einer Studie der Hochschule München stimmen zu, dass die Nutzung von EaaS vom Digitalisierungsgrad des Unternehmens abhängt.
Der Erfolg basiert auf durchgängigen, hoch automatisierten Ende-zu-Ende-Prozessen, die das ERP-System nahtlos mit den Produktionsmaschinen beim Kunden verbinden. Essenzielle technische Bausteine wie Predictive Maintenance und smarte Kunden- und Service-Portale sind hierfür erforderlich.
- Predictive Maintenance – Equipment as a Service (EaaS) ist nur wirtschaftlich realisierbar, wenn Maschinenverfügbarkeit effizient und automatisiert maximiert wird. Dies gelingt durch Predictive Maintenance, indem Maschinendaten analysiert werden, um frühzeitig Verschleiß oder Wartungsbedarf zu erkennen. Vorausschauende Planung optimiert Service-Einsätze, senkt Kosten und adressiert den Fachkräftemangel. Zudem reduziert datenbasierte Lagerhaltung die Lagerkosten. Während KI und Machine Learning fortgeschrittene Szenarien ermöglichen, lassen sich einfache Anwendungen wie Verbrauchsprognosen bereits mit geringem Aufwand integrieren.
- Smartes Kunden- und Service-Portal – Ein smartes Kunden- und Service-Portal verbindet IoT mit ERP und schafft durchgängige Prozessdigitalisierung. Es integriert Maschinendaten und Business-Systeme, dient als zentrale Kommunikationsplattform und bietet Self-Service-Funktionen wie Webshop, Dokumentation und Ticketing. Die Integration von Chatbots und Automatisierung entlastet Mitarbeitende, beschleunigt Abläufe und steigert die Kundenzufriedenheit.
Praxisbeispiele
Die folgenden Beispiele verdeutlichen, wie EaaS-Modelle in verschiedenen Industrien erfolgreich implementiert werden, um sowohl Herstellern als auch Kunden Vorteile zu bieten.
TRUMPF
TRUMPF bietet mit „Pay per Part“ ein EaaS-Modell an, bei dem Kunden eine automatisierte Fertigungsanlage nutzen, ohne sie zu kaufen. Die Kunden zahlen lediglich eine Gebühr pro produziertem Teil. TRUMPF unterstützt zudem bei der Produktionsplanung, Programmierung und bietet Fernwartung an. Dieses Modell soll Unternehmen helfen, finanzielle Flexibilität zu bewahren und den Fachkräftemangel zu kompensieren.
Heidelberger Druckmaschinen AG
Die Heidelberger Druckmaschinen AG (HEIDELBERG) hat in Zusammenarbeit mit der Munich Re Gruppe ein EaaS-Modell entwickelt, bei dem Kunden für die Anzahl der gedruckten Bogen zahlen. Dieses „Subscription Plus Modell“ umfasst neben der Druckmaschine auch Software, Verbrauchsmaterialien und Serviceleistungen. Der Verpackungshersteller WEIG Packaging nutzt dieses Modell, um seine Produktionsziele flexibel und effizient zu erreichen.
Kaeser Kompressoren
Kaeser bietet Druckluftlösungen im EaaS-Modell an, bei dem Kunden für die tatsächlich verbrauchte Druckluftmenge zahlen. Der Hersteller übernimmt Installation, Wartung und Energieoptimierung der Anlagen.
Rolls-Royce
Mit dem „Power-by-the-Hour“-Modell bietet Rolls-Royce Triebwerke für Flugzeuge an, bei dem Fluggesellschaften pro Betriebsstunde zahlen. Wartung und Instandhaltung werden vom Hersteller übernommen, was die Betriebssicherheit erhöht und Kosten planbar macht.
Fazit
Equipment-as-a-Service (EaaS) entwickelt sich zunehmend zu einem zukunftsweisenden Geschäftsmodell im Investitionsgütermarkt, das sowohl Unternehmen als auch Kunden erhebliche Vorteile bietet. Die Digitalisierung und der Fokus auf Nachhaltigkeit treiben diese Entwicklung voran.
Dennoch müssen Herausforderungen wie Datensicherheit und mangelndes Wissen adressiert werden, um eine breite Akzeptanz und erfolgreiche Implementierung dieses Geschäftsmodells zu gewährleisten.
Trotz der Herausforderungen zeigt die hohe Zustimmung der Unternehmen, dass EaaS ein zentraler Baustein der Industrie 4.0 ist.
Silke Hänisch, Market Intelligence Senior Expert
Quellen:
- Cloudflight (2020/2021)
- Siemens
- HM Munich University (2021)
- Relayr
- Mittelstand-heute (2024)