Grüne Inflation?

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Nach voraussichtlichen Zahlen von Destatis soll die Inflationsrate für Dezember 2021 bei 5,3 Prozent liegen. Die Verbraucherpreise sind im Jahr 2021 durchschnittlich um 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, eine höhere Rate gab es zuletzt 1993 mit 4,5 Prozent. Immer mehr Versorger erhöhen ihre Strom- und Gaspreise und ein Wechsel zu einem anderen Anbieter scheint wenig Sinn zu machen.

Im Oktober 2021 lagen die Energiekosten für einen Musterhaushalt aufs Jahr gerechnet bei 4.549 Euro. Vor einem Jahr musste der gleiche Haushalt nur 3.371 Euro aufbringen. Aber auch die Preise im Supermarkt und bei Dienstleistungen sind merklich gestiegen. In der Presse findet man Schlagzeilen wie „Wie teuer wird der Klimaschutz für die Bürger?“ Der CO2-Preis soll den Klimaschutz vorantreiben. Doch er könnte schnell zur finanziellen Bedrohung für Verbraucher werden. Das macht Angst. Die Preise für die an die Leipziger Strombörse gehandelten CO2-Zertifikate haben sich binnen eines Jahres nahezu verdreifacht.

Hans-Werner Sinn, früherer Chef des ifo-Instituts sieht die Energiewende als zusätzlichen Inflationstreiber. „Das Verbot der billigen traditionellen Energiequellen zwingt die Wirtschaft, auf teurere Energieträger auszuweichen“. Das klingt plausibel. Doch das Ganze ist, wie alles, eine Frage des Blickwinkels. Ist der Klimaschutz nun für die steigenden Preise verantwortlich oder nicht viel mehr der Klimawandel? Auf diese Kernfrage weist Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hin.

Wir alle befürworten den Klimaschutz, um die Erderwärmung zu stoppen, doch nichts soll sich an unseren Lebensgewohnheiten ändern und es soll möglichst nichts kosten. Wahr ist, dass sich die Inflation vor allem auf jene Menschen auswirkt, die wenig verdienen. Hier muss die Politik gegensteuern. Wahr ist aber auch, dass wir die höheren CO2-Preise als ein Steuerungsmittel hin zu mehr wettbewerbsfähigen erneuerbaren Energien brauchen. Zumal durch die erneuerbaren Energien langfristig die Energiepreise sinken werden.

Laut DIW spielen in die Inflationsdebatte auch andere Ursachen hinein, wie die Coronapandemie, Lieferkettenprobleme, globale Handelskonflikte oder Mehrwertsteueranpassungen. Insbesondere der Klimawandel ist eine Gefahr für die Preisstabilität. Hitze- und Kälteperioden, Stürme und Überschwemmungen nehmen zu und hierdurch werden sicher geglaubte Ernten immer weniger selbstverständlich. Weniger Ertrag führt zu Preissteigerungen. Wie das Sommerwetter ausfällt, interessiert viele besonders für Freizeit und Ferien. Aber nicht, ob z. B. durch Pilzbefall die Getreideernte schlecht ausfällt und hierdurch unser Brot teurer wird.

Es ist eine Frage des Blickwinkels, deshalb sollte es in den Schlagzeilen besser lauten „Der Klimawandel treibt die Inflation“.

Quellen: DIW, 12.08.2021 / Destatis, 06.01.2022 / Tagesschau, 06.01.2022