Swap Stationen

Könnten austauschbare Batterien die schwächelnden Verkäufe von Elektroautos wieder ankurbeln?

Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes erreichte der Marktanteil von Elektroautos in Deutschland im Jahr 2023 18,4 Prozent. Nach dem Auslaufen der Kaufprämie sank dieser Wert in den ersten beiden Monaten des Jahres 2024 wieder. Nur noch 11,6 Prozent der neu zugelassenen Pkw waren batteriebetriebene Fahrzeuge. Der Ausbau der Elektromobilität hat auch in der gesamten Europäischen Union spürbar an Dynamik verloren. Während der Marktanteil von Hybridfahrzeugen im Jahr 2023 europaweit von rund 25 Prozent auf 30 Prozent stieg, sank der Anteil batteriebetriebener Elektroautos von etwa 18 Prozent auf 13 Prozent. Diese Entwicklungen zeigen, dass es für die Regierungen zunehmend schwieriger wird, ihre gesteckten Ziele für emissionsfreie Fahrzeuge zu erreichen.

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Umfragen weisen darauf hin, dass der Rückgang vor allem auf die hohen Kosten neuer Elektroautos zurückzuführen ist. Darüber hinaus werden eine unzureichende Reichweite, das Fehlen einer flächendeckenden öffentlichen Ladeinfrastruktur, die langen Ladezeiten sowie fehlende Lademöglichkeiten im eigenen Zuhause als weitere Gründe genannt.

Zwar nimmt die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge zu, doch bleibt sie weiterhin ein wesentlicher Engpass bei der flächendeckenden Verbreitung. Der Ladevorgang gestaltet sich oft umständlich, zeitintensiv und lästig. Während ein Fahrzeug geladen wird, ist die Ladestation blockiert, was dazu führt, dass andere Fahrzeuge warten müssen oder gezwungen sind, zu einer anderen Station zu fahren. Im Gegensatz dazu würde ein Batteriewechsel nur wenige Minuten in Anspruch nehmen, wodurch für die gleiche Anzahl an Elektrofahrzeugen deutlich weniger Stationen benötigt würden.

Wechselbatterien galten schon einmal als vielversprechende Lösung für das Problem der begrenzten Reichweite und langen Ladezeiten von Elektroautos. Bereits 2009 präsentierten das israelische Start-up Better Place und Nissan den Prototyp einer Batteriewechselstation, der es ermöglichen sollte, ein Elektrofahrzeug innerhalb weniger Minuten mit einer vollständig geladenen Batterie auszustatten. Doch das Projekt schaffte es nie über dieses Entwicklungsstadium hinaus. Nun sind austauschbare Batterien ein Trend bei Elektrofahrzeugen, der erneut wieder aufzukommen scheint, zumal sich die Größe des Elektrofahrzeugmarktes insbesondere in den USA and China einer kritischen Schwelle nähert: In den USA wurden im Jahr 2023 rekordverdächtige 1,2 Millionen Elektrofahrzeuge verkauft, und in China waren im Januar 2024 rund 20 Millionen Elektrofahrzeuge auf den Straßen unterwegs. Insbesondere die Stadtbewohner haben keinen einfachen Zugang zu eigenen Wallboxen.

Das Ganze läuft jetzt unter dem Begriff Battery Swapping. Das Prinzip lässt sich einfach erklären.

Das Prinzip Battery Swapping

Der Batteriewechsel erfolgt in speziellen, vollautomatisierten Stationen, die etwa die Größe einer Doppelgarage haben. Der Fahrer fährt das Fahrzeug in die Station und parkt an einer festgelegten Stelle, der Rest geschieht automatisch. Die gesamte Batterieeinheit des Fahrzeugs wird entkoppelt, entfernt und durch eine vollständig geladene Batterie ersetzt. Der Ladevorgang erfolgt unabhängig vom Fahrzeugbetrieb, während das entladene Akkupaket extern aufgeladen wird. Theoretisch könnte der Wechsel der Batterie in etwa der gleichen Zeit wie das Betanken eines Benzinfahrzeugs erfolgen. Nach dem Wechsel verbleibt die leere Batterie vor Ort, wo sie schonend für den nächsten Einsatz aufgeladen wird. Im Vorrat befinden sich etwa ein Dutzend Akkus, und so können auch bis zu zwölf Wechsel pro Stunde durchgeführt werden.

Die Einrichtung einer Batteriewechselstation ist zwar kostspielig, könnte sich jedoch langfristig als günstiger erweisen als herkömmliche Ladestationen. Durch den Batteriewechsel kann die Lebensdauer der Batterien verlängert werden, was den Gesamtbedarf an neuen Batterien reduziert. Auf diese Weise könnten die negativen Umweltauswirkungen der Batterieherstellung und -entsorgung gemildert werden. Dank des Battery-as-a-Service-Konzepts (BaaS) und digitalen Technologien lässt sich auch die Wiederverwendung von Batterien optimal koordinieren.

Um als flächendeckende Lösung in Betracht zu kommen, müssen jedoch noch einige Herausforderungen gemeistert werden. Ein erfolgreiches Wechselbatteriesystem erfordert standardisierte Batteriegrößen und -typen, um die Kompatibilität zwischen verschiedenen Fahrzeugmodellen oder Geräten zu gewährleisten. Die Batteriewechselstationen müssten marken- und batterieneutral sein. Es sind europaweite Standards erforderlich, die sich nicht so leicht festlegen lassen, wie z. B. in China. Aber wenn die Swappable Batteries in den Mix einbezogen werden könnten, bräuchte man insgesamt viel weniger Ladestationen.

Battery as a service

Nutzer von BaaS-Konzepten können die Reichweite ihres Fahrzeugs sofort erhöhen, indem sie die Batterie austauschen, anstatt auf das Laden zu warten. Das macht Langstreckenfahrten mit EVs praktikabler. Der Batterietausch reduziert die Zeit, die für das Aufladen benötigt wird, was besonders wichtig für kommerzielle EV-Flotten (Taxis, Lieferwagen) oder den öffentlichen Verkehr ist.

Elektroautos sind nach wie vor besonders teuer. Ein Elektroauto kostet bei den derzeitigen Fahrzeugtypen laut dem Center of Automotive Management (CAM) in Deutschland im Durchschnitt 52.700 Euro. Ein großer Kostenfaktor ist dabei die Batterie.

Nutzer von Elektroautos müssen die Batterien nicht zwangsläufig besitzen. Bei austauschbaren Batterien kann die Batterie separat geleast werden. Der Kaufpreis des Fahrzeugs ohne Batterie wird dadurch wesentlich niedriger, während die Batterie praktisch nach Verbrauch abgerechnet wird. Heute ist dieses Geschäftsmodell in Form von BaaS vor allem in China verbreitet. Dort gibt es bereits viele Batteriewechselstationen mit zig Millionen Batteriewechseln und Chinas Marktmacht bei E-Autos wächst weltweit.

NIO Swap Stationen in Europa, schematische Darstellung

Der Marktführer ist der chinesische Elektroautohersteller NIO. NIO hat in China ein Netzwerk von über 1.500 Batterie-Wechselstationen aufgebaut. Das Unternehmen hat ehrgeizige Pläne. Ziel ist es, bis 2025 mehr als 4.000 Wechselstationen weltweit zu betreiben, wobei der Großteil in China angesiedelt sein wird. Aber auch innerhalb Europas soll die Ladeinfrastruktur mit fortschrittlichen Services von NIO erweitert werden. Der Fokus liegt dabei neben Deutschland auf den skandinavischen Ländern und den Niederlanden. Um seine Geschäftstätigkeit auszuweiten, ist NIO im November 2023 eine strategische Partnerschaft mit Shell eingegangen.

In den USA verfolgt das Start-up Ample ebenfalls eine schnelle Batteriewechsellösung für Elektrofahrzeuge. Stellantis, der Opel-Mutterkonzern, will gemeinsam mit Ample in Madrid 100 Carsharing-Autos vom Typ Fiat 500 auf das Wechselsystem umrüsten. Stellantis erhofft sich davon eine Erhöhung der Einsatzzeiten, die bislang durch die Dauer des Ladevorgangs stark eingeschränkt sind.

Fazit

Zusammengefasst bieten tauschbare Batterien eine innovative Lösung für einige der Herausforderungen bei der Einführung von Elektrofahrzeugen, insbesondere in Bezug auf Ladezeiten und Reichweite. Allerdings liegen die Investitionen für solche Wechselladestationen hoch. Geld, das auch wieder reinkommen muss. Bei NIO Deutschland kostet das 75-kWh-Pack im Abo 169 Euro pro Monat, für das 100-kWh-Pack werden 289 Euro berechnet. Das Batterie-Abo ist die Voraussetzung dafür, die Power Swap Stations von NIO zu nutzen. Seit April sind auch nur noch zwei Akkutausch-Vorgänge pro Monat kostenfrei. Ab dem dritten Swap fällt eine Gebühr von zehn Euro an. Zudem muss für den Strom bezahlt werden. Durch eine Kooperation mit RWE soll der Energiepreis bei rund 39 Cent pro Kilowattstunde liegen.

Das erscheint recht teuer für die schnelle Ladelösung. Auf der anderen Seite fallen beim Autokauf die Batteriekosten weg. Die Batterie macht bei der Produktion eines Elektroautos gut 40 Prozent des Kostenanteils aus.

Ferner gibt es für den Fahrzeughalter keine Risiken in Bezug auf die Funktionstüchtigkeit der Batterie. Der Zustand des Akkus lässt sich für Werkstätten und somit auch für Versicherungen nur ganz schwer analysieren, weshalb Elektroautos schon bei kleineren Schäden viel schneller verschrottet werden müssen als Benziner. Bei den meisten Fahrzeugen ist die Batterie fest verbaut und ein Austausch kompliziert.

Bei einem Unfall ist der Tausch eines Akkupacks daher oft unrentabel. Für die Umwelt bedeutet dies eine erhebliche Belastung, die durch Elektroautos ja eigentlich verringert werden sollte. Hinzu kommen dadurch auch höhere Versicherungskosten für die Fahrzeughalter. Es brächte Vorteile, wenn Autobauer ihre Fahrzeuge so konzipieren würden, dass ein Batterietausch schnell möglich ist, dann wäre die Reparierbarkeit viel besser. Wäre dies so, dann wäre ein Netz von Power Swap Stations auch nicht mehr so weit hergeholt.

Doris Höflich, Market Intelligence Senior Expert

Quellen: