CCUS – Carbon Capture, Utilisation and Storage

CCUS, kurz für „Carbon Capture, Utilisation and Storage“, ist ein Verfahren zur Erfassung von Kohlendioxid (CO₂) und dessen Transport zu einer Anlage, wo es entweder für andere Zwecke genutzt oder in geologischen Formationen gespeichert wird. Das Hauptziel von CCUS besteht darin, die Emission großer Mengen von Kohlendioxid in die Atmosphäre zu verhindern und gleichzeitig biogenes CO₂ zu einem wertvollen, umweltfreundlichen Rohstoff zu machen. Heutzutage kann Kohlenstoff aus Rauchgasen von Industrieanlagen, Heizkraftwerken oder Müllverbrennungsanlagen sowie aus Biogasanlagen abgeschieden werden, anstatt es einfach in die Luft abzugeben.

Eine Möglichkeit, CO₂ abzuscheiden, besteht darin, es in eine Flüssigkeit zu leiten, die spezielle Zusätze enthält, um das CO₂ zu absorbieren. Sobald das CO₂ in der Flüssigkeit absorbiert wurde, kann es getrennt und entweder für andere Zwecke genutzt oder in unterirdischen Lagerstätten, sei es an Land oder im Meer, gespeichert werden. Die Speicherung von CO₂ erfolgt, indem es z. B. in die vielen kleinen Hohlräume eines Untergrunds gepumpt wird, während die darüber liegende Tonschicht wie ein Deckel wirkt.

Wenn der abgeschiedene biogene Kohlenstoff genutzt wird, kann er zu grünen Kraftstoffen umgewandelt werden, die beispielsweise Flugzeuge und Schiffe der Zukunft antreiben können. Durch Nutzung wird es recycelt und weitere Emissionen aus fossilen Brennstoffen werden vermieden.

CO₂ ist bereits ein wertvoller Rohstoff. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) werden weltweit jährlich 230 Millionen Tonnen CO₂ aus fossilen Brennstoffen verbraucht.

CCUS befasst sich mit der Abscheidung von CO₂ aus großen Quellen wie Kraftwerken oder Industrieanlagen, die entweder fossile Brennstoffe oder Biomasse als Energiequelle verwenden. Das CO₂ kann auch direkt aus der Atmosphäre abgeschieden werden. Wenn es nicht vor Ort genutzt wird, wird das abgeschiedene CO₂ komprimiert und über Pipelines, Schiffe, Bahnen oder Lastwagen transportiert, um für verschiedene Anwendungen genutzt oder in tief liegende geologische Formationen eingebracht zu werden, wo es dauerhaft gespeichert wird.

Die folgende CCUS-Wertschöpfungskette ist repräsentativ, gilt aber nicht unbedingt für den gesamten CCUS-Sektor:

CCUS value chain

Die Potenziale zur Abscheidung und Nutzung von Kohlendioxid aus den wichtigsten industriellen Quellen wie Zementfabriken, Zellstoff- und Papierfabriken sowie Müllverbrennungsanlagen sind enorm. Nach Schätzungen einer aktuellen Studie der LUT Universität in Finnland im Journal of Cleaner Production wird der weltweite Bedarf an Kohlendioxid von 0,6 Gigatonnen im Jahr 2030 auf 6,1 Gigatonnen im Jahr 2050 steigen. Die bedeutendsten industriellen Quellen können 2,1 Gigatonnen Kohlendioxid liefern und somit den Großteil des Bedarfs in den 2030er Jahren decken. Bis 2050 wird jedoch erwartet, dass der größte Teil des Bedarfs durch direkte Abscheidung von Kohlendioxid aus der Luft gedeckt wird, wobei jährlich 3,8 Gigatonnen Kohlendioxid gewonnen werden können.

Es gibt bereits etliche Großprojekte, die sich mit dieser Thematik beschäftigen, so z. B. ganz aktuell ein Projekt von Heidelberg Materials. Das Unternehmen baut seine weltweite Vorreiterrolle in der Zementindustrie bei der Abscheidung, Nutzung und Speicherung von CO₂ (CCUS) konsequent weiter aus. Seit Anfang des Jahres wurden mehrere CCUS-Projekte gestartet bzw. in die nächste Projektphase überführt. Bereits 2024 soll die in der Zementindustrie weltweit erste Anlage im industriellen Maßstab zur CO₂-Abscheidung in Brevik, Norwegen, in Betrieb genommen werden.

Ein von Linde, Heidelberg Materials und BASF gemeinsam entwickeltes CO₂-Abtrennungsverfahren, das auf der OASE® blue-Technologie von BASF basiert, wird erstmals in einer großtechnischen CO₂-Abtrennungsanlage eingesetzt. Sie wird die weltweit erste großtechnische Anlage zur Abscheidung und Verwertung von CO₂ sein. Rund 70.000 Tonnen CO₂ werden dort pro Jahr abgetrennt, gereinigt und verflüssigt. Linde wird den größten Teil des entstehenden flüssigen CO₂ als Rohstoff für die chemische Industrie sowie für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie verkaufen.

Evonik will gemeinsam mit zwei Leibniz-Instituten und der Firma Rafflenbeul Anlagenbau aus Treibhausgasen chemische Rohstoffe gewinnen. Im Projekt PlasCO₂ entwickeln sie dafür einen speziellen Plasmareaktor. Ziel des Projekts ist es, Kohlendioxid als Rohstoff für die Herstellung von organischen Verbindungen für die C4-Chemie zu nutzen. Mithilfe eines Plasmareaktors und eines neu entwickelten Verfahrens sollen dabei zunächst Kohlendioxid und Wasserstoff in ein Synthesegas umgewandelt werden, aus dem sich anschließend chemische Produkte herstellen lassen, beispielsweise Weichmacher oder petrochemische Erzeugnisse. Evonik hält den Bau einer Pilotanlage, mit der Plasma auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen erzeugt werden kann, innerhalb von etwa vier Jahren für möglich.

Eine wachsende Zahl an weiteren Großprojekten soll das Abscheiden und Einlagern von Kohlendioxid voranbringen:

Die bedeutendsten biotechnologischen Umwandlungswege, die auf CO₂ basieren, führen zur Produktion von Methan und Ethanol. Letzteres wird bereits in großem Umfang hergestellt und findet Anwendung als Kraftstoff sowie in der chemischen Industrie, z. B. für Ethylenglykol und der Polymerindustrie (Polyethylen). Zusätzlich können biologisch abbaubare Polyhydroxyalkanoate (PHA) mithilfe der Gasfermentation produziert und kommerziell verfügbar gemacht werden. Es sind weltweit mehrere Pilotanlagen in Betrieb, um über die Gasfermentation Chemikalien und Proteine herzustellen. Durch die fortschrittlichsten elektrochemischen Verfahren ist es möglich, CO₂ in CO (oder Synthesegas), Methanol, Ameisensäure oder Ethylen umzuwandeln.

Im Folgenden ein kleiner Ausschnitt an Unternehmen, die an verschiedenen Verfahren zur Nutzung des gespeicherten Kohlendioxids arbeiten:

Quelle: Nova Institut

Die Grundstoffchemie spielt eine entscheidende Rolle beim Aufbau von CO₂-Kreisläufen, da sie sowohl den Energiebedarf mit erneuerbaren Energien decken als auch fossile Rohstoffe durch Wasserstoff oder dessen mit CO₂ synthetisierte Derivate ersetzen muss, um die Scope-3-Emissionen zu reduzieren. Diese umfassen alle Emissionen, die mit der Herstellung, dem Transport, der Nutzung und der Entsorgung eines Produkts verbunden sind.

Die Herstellung dieser Moleküle erfordert große Mengen an erneuerbarem Strom, der sowohl im Inland als auch im Ausland zur Verfügung gestellt werden kann. Laut dena-Leitstudie der Deutschen Energie-Agentur sind dies etwa 379 TWh in Deutschland. Die Zusammenführung von CO₂-Erzeugern und der Chemieindustrie ist entscheidend für den Aufbau einer CO₂-Wirtschaft, wobei der Transport und die Zwischenspeicherung von CO₂ ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Die Roadmap des VCI und die Deutsche Energie-Agentur gehen davon aus, dass bis 2045/2050 etwa 35-40 Millionen Tonnen CO₂ für CCU benötigt werden.

Laut einer aktuellen Studie des Nova Instituts wurde im Jahr 2022 eine aktuelle Gesamtproduktionskapazität von etwa 1,3 Millionen Tonnen pro Jahr für neuartige CO₂-basierte Produkte berechnet. Diese Produktionskapazität wurde 2022 von der Herstellung von CO₂-basierten aromatischen Polycarbonaten, Ethanol aus abgeschiedenem CO/CO₂, aliphatischen Polycarbonaten und Methanol dominiert.

Bis 2030 erwartet man, dass die Kapazität für CO₂-basierte Produkte mehr als 6 Millionen Tonnen pro Jahr überschreitet. Eine hohe dynamische Wachstumsrate wird bei Methanolprojekten, Methananlagen, Ethanol und Kohlenwasserstoffen beobachtet, insbesondere im Bereich der Luftfahrt.

Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), auch bekannt als Weltklimarat, hat in seinem 2022 veröffentlichten sechsten Sachstandsbericht die Abscheidung und Nutzung von Kohlenstoff (CCU) erstmals als geeignete Lösung zur Bekämpfung des Klimawandels genannt. Zukünftige Szenarien für eine Netto-Null-Chemieindustrie bis 2050 zeigen, dass zwischen 10 und 30 Prozent des produktgebundenen Kohlenstoffs aus der CO₂-Nutzung stammen könnten.

Im europäischen Raum behindern jedoch fehlende politische Unterstützungsmaßnahmen größere Investitionen und die positiven Aussichten einer umfassenden CO₂-Nutzung. Es ist daher erforderlich, weitreichende politische Maßnahmen zu ergreifen, um erfolgreich die Lücke zwischen heute und den Zielen für das Jahr 2050 zu schließen. Diese Maßnahmen müssen gleichzeitig sicherstellen, dass die Unternehmen der Industrie im Rahmen der nachhaltigen Transformation wettbewerbsfähig bleiben.

Aber es gilt noch weitere Hürden zu überwinden, wie die Konkurrenzfähigkeit der durch CCU hergestellten Produkte oder der fehlenden Infrastruktur.

Carbon capture & utilisation barriers

In Deutschland war die unterirdische CO₂-Speicherung bisher de facto verboten oder nur in begrenztem Umfang für Testzwecke zugelassen. Sogar dies konnte von den Bundesländern im Genehmigungsverfahren untersagt werden. Inzwischen war auch die Frist zur Anmeldung von Projekten abgelaufen, wodurch CCS derzeit faktisch verboten ist. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen hat jedoch angekündigt, dass die CCS-Technik auch in Deutschland eingesetzt werden soll und dass er im Jahr 2023 ein entsprechendes Gesetz auf den Weg bringen möchte.

Der Bundestag hat die Diskussion über den „Evaluierungsbericht der Bundesregierung zum Kohlendioxid-Speicherungsgesetz“ (20/5145) von der Tagesordnung am Donnerstag, den 16. März 2023, abgesetzt. Nach der Debatte soll die Unterrichtung zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Klimaschutz und Energie übergeben werden. 

Fields of action CCUS

Im nächsten Beitrag wird sich mein Kollege, Dr. Volkhard Francke, dem Thema „Neue innovative Technologien und Prozesse“ widmen. Welche Potentiale und Chancen ergeben sich für die chemische Industrie und wo sind aktuell die Hindernisse?

Dr. Ronald Hinz, Market Intelligence Senior Expert

Quellen: