Erneuerbare Energien – Voraussetzung für den Übergang zur Klimaneutralität der Chemischen Industrie

Laut dem Positionspapier der CEFIC (European Chemical Industry Council) aus dem Mai 2023 lag der Stromverbrauch der chemischen Industrie in der EU 2020 bei 163 TWh. Sie ist somit der größte Stromverbraucher in Europa. Der Bedarf an Strom in dieser Branche wird aufgrund der Einführung von Technologien wie E-Crackern, Wasserstoffproduktionsanlagen, Kohlenstoffabscheidung und ‑speicherung, Wärmepumpen und chemischem Recycling weiter steigen.

Um bis 2050 nahezu vollständig klimaneutral zu produzieren, sind Investitionen in Höhe von mehr als 68 Milliarden Euro erforderlich. Der Bedarf der deutschen Chemie an Strom würde sich dabei ab Mitte der 2030er Jahre auf 685 TWh vervielfachen. Dies übersteigt den gesamten Stromverbrauch in Deutschland im Jahr 2022 in Höhe von 484 TWh.

Die genannten Technologien sind auf die Elektrifizierung industrieller Prozesse angewiesen, was entscheidend ist, um damit auch eine klimaneutrale Gesellschaft zu erreichen. Allerdings sind die Energiepreise in Europa im Vergleich zu anderen Regionen wesentlich höher. Um dieses Problem anzugehen und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, ist eine umfassende Strategie erforderlich, die Reformen im Strommarkt, in Industrie- und Handelspolitiken sowie in Klima- und Umweltmaßnahmen umfasst. Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung des europäischen Strommarktes ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Europas. Ein gut gestalteter Strommarkt kann den Industriesektor sehr unterstützen, indem er den Zugang zu Stromlieferverträgen erleichtert.

Der Chemiesektor ist dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt. Insbesondere die energieintensiven Unternehmen sind aufgrund der anhaltend hohen Energiepreise in der EU belastet. Z. B. ist die Basischemie als großer Energieverbraucher auf eine zuverlässige Versorgung mit Strom zu wettbewerbsfähigen Kosten angewiesen und unmittelbar von möglicher Versorgungsunsicherheit und zukünftigen Kostensteigerungen betroffen. Zugleich aber sind stromintensive Prozesse, wie die Chlor-Alkali-Elektrolyse, Ausgangspunkt für Materialien, die für die Umsetzung der Energiewende unverzichtbar sind. So basiert etwa Epoxidharz, ein wesentlicher Bestandteil leistungsfähiger Rotorblätter für Windkraftanlagen, auf der Basischemikalie Chlor.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen und die EU auf eine mögliche Energiekrise vorzubereiten, ist ein Marktrahmen erforderlich, der die kostengünstige Nutzung von erneuerbarem und kohlenstoffarmem Strom integriert. Dieser Rahmen sollte die Kapazität bieten, den steigenden Strombedarf zu decken, gleichzeitig die Nachfrageflexibilität zu fördern und die Vorteile von kostengünstigem Strom an die Verbraucher weiterzugeben.

Langfristige Verträge spielen eine entscheidende Rolle bei Investitionen in ausreichende Kapazitäten und erneuerbare und kohlenstoffarme Technologien. Für Verbraucher sind sie wichtig, um Preis- und Mengenrisiken zu reduzieren und notwendige Investitionen in den Übergang zur Klimaneutralität zu ermöglichen, beispielsweise in die Elektrifizierung. Für Erzeuger erleichtern sie die Finanzierung und senken die Kapitalkosten, indem sie einen langfristigen und zuverlässigen Absatz sicherstellen.

Sogenannte Power Purchase Agreements (PPAs) bieten bereits heute viele der Vorteile, die langfristige Verträge haben können. Allerdings sind sie aufgrund einer begrenzten Verfügbarkeit neuer Kapazitäten eingeschränkt. Darüber hinaus behindern administrative Hürden beispielsweise den Abschluss grenzüberschreitender PPAs. Zusammenfassend kann es selbst großen industriellen Verbrauchern schwerfallen, in den für sie optimalen Mengen auf PPAs zuzugreifen.

Mit zunehmendem Anteil erneuerbarer Energien werden eine höhere Nachfrageflexibilität sowie zusätzliche Speicher- und flexible Erzeugungskapazitäten erforderlich sein. Es werden auch Systeme benötigt, um den Überschuss an Strom in andere Energieträger umzuwandeln. Eine vorausschauende Investition in Energieinfrastrukturen und grenzüberschreitende Verbindungen ist erforderlich, um die Integration erneuerbarer Erzeugung in ganz Europa zu verbessern.

Die Transformation der chemischen Industrie erfordert enorme Investitionen. Neben dem Bedarf an hohen Kapitalinvestitionen für die Technologien, erfordert der Übergang auch hohe Betriebskosten, um Produktionsprozesse zu modifizieren und alternative Energie- und Rohstoffquellen zu beschaffen.

Die chemische Industrie muss die Möglichkeit haben, kostengünstigen klimaneutralen Strom zu erwerben. In chemischen Prozessen kann Strom entweder direkt oder indirekt eingesetzt werden. Die indirekte Nutzung von Strom kann zur Erzeugung von Wärme und Dampf oder für Niedertemperatur- und Hochtemperaturprozesse (z. B. E-Crackers) in Betracht gezogen werden. Die direkte Nutzung von Strom kann über Elektrochemie oder alternative Energieformen (z. B. Ultraschall und Plasma) erfolgen.

Eine ausreichende Stromversorgung wird auch für die Wasserstoffproduktion von großer Bedeutung sein. Die chemische Industrie ist sowohl ein bedeutender Produzent als auch Verbraucher von Wasserstoff. Die am häufigsten in der EU verwendete Methode zur Wasserstoffproduktion ist derzeit noch die Reformierung von Erdgas oder dem Rückstandsanteil von Rohöl. Diese Methode führt zu erheblichen CO₂-Emissionen. Gleichzeitig werden Technologien wie die Methanpyrolyse oder die photoelektrokatalytische Spaltung entwickelt, um Wasserstoff kostengünstig herzustellen, zusätzlich zur Wasserelektrolyse.

Laut der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V. und dem VCI im Juli 2023 war die Chemie- und Pharmaindustrie in Deutschland 2021 mit 10,6 Prozent oder 53 TWh am Stromverbrauch beteiligt.

Total electricity consumption: 497 TWh

Source: VCI Juli 2023: Energiestatistik – Daten und Fakten; AG Energiebilanz

Fast 43 Prozent entfielen in der Chemie- und Pharmaindustrie immer noch auf den Energieträger Erdgas. Dieses ist damit aktuell der noch mit Abstand wichtigste Energieträger für die Branche.

2022 lag der gesamte Anteil der erneuerbaren Energien in Deutschland bei der Brutto-Stromerzeugung bei fast 44 Prozent. Der Anteil nimmt langfristig zu. 2022 konnte nach einem schwachen Vorjahr (geringe Windversorgung, wenig Ausbau) der Anteil von 2020 wieder erreicht werden.

Total electricity generation: 583 TWh

Source: VCI Juli 2023: Energiestatistik – Daten und Fakten; AG Energiebilanz

Innerhalb der erneuerbaren Energien gewinnt die Windkraft (an Land und auf See) in Deutschland immer mehr an Bedeutung. 2022 lag der Anteil bei gut 50 Prozent, hiervon machen Anlagen an Land den größten Anteil aus.

Source: AG Energiebilanz; Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik – AGEE-Statistik 2023

Betrachtet man die Investitionen in die Errichtung von Erneuerbare-Energien-Anlagen 2015 bis 2022 genauer, so erkennt man, dass der allergrößte Anteil dieser Investitionen in die Photovoltaik fließt. Wasserkraft spielt aufgrund der Gegebenheiten in Deutschland kaum eine Rolle. Aber auch Investitionen in Offshore/Onshore-Windenergie und Geothermie nehmen immer mehr zu.

Source: AG Energiebilanz; Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik – AGEE-Statistik 2023

Grund für einen drastischen Investitionsrückgang in Offshore-Windanlagen in den Jahren 2018 bis 2020 war die bis 2020 fehlende Küstenmeerregelung, die mögliche Investitionen stark ausgebremst hat. Erst eine gesetzliche Verankerung in einem Windenergie-auf-See-Gesetz führte zu einem 20-GW-Ausbauziel bis 2030 und geplanten 40GW bis 2040. Das eröffnete der Branche eine Perspektive und machte die Investitionen wieder planungssicher.

Die Chemieindustrie bildet das Fundament zahlreicher Wertschöpfungsketten und stellt einen bedeutenden Motor für Innovationen in diversen Sektoren dar. Ihre Erzeugnisse und kreativen Neuerungen tragen in erheblichem Maße zum Triumph verschiedenster Branchen bei.

Von Reinigungs- und Pflegeprodukten über Arzneimittel bis hin zu Chemiefasern in Textilien, Klebstoffen, Farben, Lacken und Düngemitteln – chemische Erzeugnisse durchdringen sämtliche Lebensbereiche und sind unverzichtbare Bestandteile des modernen Alltags.

Dies erfordert Energie, wobei bisher hauptsächlich nicht erneuerbare Energiequellen wie fossile Brennstoffe genutzt wurden. Allerdings emittieren diese Quellen CO₂ und andere Treibhausgase.

Einige chemische Unternehmen sind jedoch schon so weit und haben vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt, um diesen Ausstoß zu vermeiden. So stellen sie den Zugang zu wichtigen Produkten sicher und verringern gleichzeitig die Umweltbelastung.

Im Folgenden sind einige Beispiele nach Energieträgern genannt:

Seit 2020 bezieht der finnische Standort Kokkola der CABB GROUP (spezialisiert auf Feinchemikalien für die agrochemische Industrie) seinen gesamten Strombedarf aus 100 Prozent erneuerbarer Energie. Der Strom, der für den Betrieb des Standorts benötigt wird, stammt aus Wasserkraftwerken. Durch diese Umstellung auf erneuerbare Energien werden die CO₂-Emissionen des Standorts um etwa 5.800 Tonnen pro Jahr reduziert. Dies entspricht etwa dem durchschnittlichen individuellen CO₂-Fußabdruck von fast 830 EU-Bürgern.

Die Polycarbonat-Anlage von SABIC (ein saudi-arabischer Chemie- und Metall-Konzern) in Cartagena, Spanien, soll bis 2024 zu einem chemischen Großproduktionsstandort werden, der vollständig mit erneuerbarer Energie betrieben wird. Das Unternehmen hat eine Vereinbarung mit Iberdrola, einem der weltweit größten Energieversorgungsunternehmen, getroffen, um eine 100-MW-Solaranlage mit 263.000 PV-Modulen zu errichten. Dadurch würde sie zur größten industriellen Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien in Europa werden. Die neue PV-Anlage wird zu einer jährlichen Reduzierung von 80.000 Tonnen CO₂-Emissionen führen.

BASF in Deutschland und RWE haben eine Projektidee vorgestellt, die zeigt, wie die industrielle Produktion von Grundchemikalien nachhaltig und zukunftsfähig gestaltet werden kann. Bis 2030 würde RWE einen 2-GW-Offshore-Windpark entwickeln, bauen und betreiben, um den Chemiestandort Ludwigshafen mit erneuerbarem Strom zu versorgen und gleichzeitig eine CO₂-freie Wasserstoffproduktion zu ermöglichen.

Der erneuerbare Strom, in Kombination mit CO₂-freien Technologien wie elektrisch beheizten Steamcracker-Öfen, wird zur Produktion von Grundchemikalien verwendet, die derzeit auf fossilen Brennstoffen basieren. Diese Pläne könnten dazu führen, dass jährlich etwa 3,8 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen vermieden werden, wovon 2,8 Millionen Tonnen direkt bei der BASF in Ludwigshafen realisiert werden würden. RWE beabsichtigt, 20 Prozent des grünen Stroms aus dem neuen Offshore-Windpark zur Wasserstoffproduktion zu nutzen. Der grüne Wasserstoff könnte auch von anderen Industriekunden verwendet werden, was eine jährliche Einsparung von mehr als einer Million Tonnen CO₂ ermöglichen würde.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der geografische Standort bestimmt, auf welche erneuerbare Energiequellen Unternehmen Zugriff haben. Diese Unternehmen beweisen, dass mit ein wenig Kreativität intelligente Lösungen vorhanden sind. Zudem gibt es in ganz Europa bereits viele Projekte der chemischen Industrie, die grüne Energie nutzen.

Besonders hervorzuheben sind:

Belgien

Ineos

Project ONE ist die größte Investition im europäischen Chemiesektor seit einer Generation. Der neue Cracker in Antwerpen wird den niedrigsten CO₂-Fußabdruck aller europäischen Cracker aufweisen. Er ist doppelt so gut wie die besten Anlagen in Europa. Die Anlage wurde für den Einsatz kohlenstoffarmen Wasserstoffs ausgelegt. Sobald davon genug verfügbar ist, arbeitet der Cracker kohlenstoffneutral.

INEOS Olefins Belgium hat angekündigt, dass es 3,5 Milliarden Euro bereitstellt, um den Bau und Betrieb des nachhaltigsten Crackers in Europa zu finanzieren. Der Start ist für 2026 erwartet.

Solvay

Solvay hat ein Solaranlagenprojekt in seinem Kalksteinbruch in Belgien entwickelt, um den Einsatz erneuerbarer Energien für den Standort zu erhöhen. Mit einer Fläche von 1,4 Hektar handelt es sich bei dieser Photovoltaik-Anlage um eine der größten Solarinstallationen in Belgien.

Bulgarien

Solvay

GreenYellow etabliert sich in Osteuropa durch eine Partnerschaft mit Solarpro. Die beiden Partner haben die Ambition, bis 2025 in der Region eine Kapazität von 100 MW zu installieren. Das erste gemeinsame Projekt wird ein 4-MW-Photovoltaik-Kraftwerk für den Chemiekonzern Solvay in Bulgarien sein. Die Anlage wird jährlich 5.300 MWh grünen Strom produzieren und auf einem Industriegelände von Provadsol, einer Tochtergesellschaft von Solvay, gebaut werden. Sie wird auf Grundlage eines Solar-as-a-Service(SaaS)-Vertrags betrieben, wobei GreenYellow als Hauptinvestor agiert und Solarpro für Bau und Betrieb des Assets verantwortlich ist.

Finnland

Solvay

Solvay hat ein 10-jähriges Utility Power Purchasing Agreement (PPA) mit dem Wasserkraftunternehmen Statkraft unterzeichnet, um Strom aus dem Windpark Pajuperankangas zu beziehen. Die Vereinbarung ermöglicht es dem Standort Voikkaa der Gruppe in Finnland, zu 100 Prozent mit Windstrom zu arbeiten. Dies trägt zur Dekarbonisierung der Wasserstoffperoxid-Produktion vor Ort bei und unterstützt das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele von Solvay.

Statkraft hat kürzlich einen zehnjährigen Stromliefervertrag mit ABO Wind, dem Entwickler des Projekts, unterzeichnet. Der Windpark, der sich derzeit im Bau befindet, wird aus 14 Turbinen bestehen, die voraussichtlich im Herbst 2023 ans Stromnetz angeschlossen werden. Sie werden eine kombinierte installierte Kapazität von rund 86,8 Megawatt haben und genug Strom produzieren können, um 14.000 mit Strom beheizte finnische Haushalte zu versorgen.

deutschland

Covestro

Im Dezember 2019 hat Covestro mit dem Energieunternehmen Ørsted einen Liefervertrag für Strom aus Offshore-Windkraftanlagen abgeschlossen. Ab 2025 wird Ørsted den Produktionsstätten von Covestro in Deutschland zehn Jahre lang Strom aus regenerativen Quellen liefern, der in einem neu errichteten Windpark vor der deutschen Insel Borkum erzeugt wird. Ende 2022 hat Covestro bereits 12 Prozent seines weltweiten Energiebedarfs mit Strom aus erneuerbaren Quellen gedeckt. Diese Zahl wird 2023 voraussichtlich auf 16 bis 18 Prozent ansteigen.

Der Werkstoffhersteller aus Leverkusen wird ab 2025 über zehn Jahre hinweg 100 MW des produzierten grünen Stroms zu einem indexierten Festpreis vom Offshore-Windpark Borkum Riffgrund 3 beziehen. Das PPA wird einen wesentlichen Teil des Stromverbrauchs für die Produktionsstandorte von Covestro in Deutschland decken. Damit ist Covestro das erste große Chemieunternehmen in Deutschland, das einen langfristigen Stromabnahmevertrag aus einer neuen Anlage mit einem Anbieter von erneuerbaren Energien unterzeichnet hat.

BASF

BASF, SABIC und Linde haben mit dem Bau der weltweit ersten Demonstrationsanlage für elektrisch beheizte Steamcracker-Großöfen begonnen. Durch die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen anstelle von Erdgas hat die neue Technologie das Potenzial, die CO₂-Emissionen eines der energieintensivsten Produktionsprozesse in der chemischen Industrie, um mindestens 90 Prozent im Vergleich zu heute üblichen Technologien zu senken. Die Demonstrationsanlage wird vollständig in einen der bestehenden Steamcracker am Verbundstandort der BASF in Ludwigshafen integriert. Sie wird zwei verschiedene Beheizungskonzepte testen, etwa vier Tonnen Kohlenwasserstoff pro Stunde verarbeiten und sechs Megawatt erneuerbare Energie verbrauchen. Die Inbetriebnahme der Demonstrationsanlage ist für 2023 geplant.

Steamcracker spielen eine zentrale Rolle bei der Herstellung von Grundchemikalien und benötigen eine erhebliche Menge an Energie, um Kohlenwasserstoffe in Olefine und Aromaten aufzuspalten. In der Regel wird die Reaktion in Öfen bei Temperaturen von etwa 850 Grad Celsius durchgeführt. Heute werden diese Temperaturen durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe erreicht. Das Projekt zielt darauf ab, die CO₂-Emissionen zu verringern, indem der Prozess mit Strom betrieben wird.

Italien

Solvay

Solvay hat ein 10-jähriges Corporate Power Purchase Agreement (PPA) mit Falck Renewables S.p.A für die Entwicklung eines Solarprojekts in der Region Apulien unterzeichnet. Das neue Solarkraftwerksprojekt wird eine Kapazität von 41,1 MW haben und etwa 70 GWh Strom pro Jahr produzieren, was dem Energiebedarf von etwa 26.000 Haushalten entspricht. 70 Prozent des von der Solaranlage erzeugten Stroms werden an vier der sechs italienischen Standorte von Solvay gehen: Bollate, Ospiate, Livorno und Rosignano. Dadurch wird eine jährliche Reduzierung der CO₂-Emissionen um über 15.000 Tonnen erreicht.

Das Projekt ist darauf ausgerichtet, erneuerbare Stromerzeugung und landwirtschaftliche Aktivitäten zu integrieren: Es wird eine abwechselnde Anordnung von Solarmodulen und Olivenbaumreihen umfassen. Die Bewirtschaftung des Olivenhains wird spezialisierten Betreibern übertragen, was neue Arbeitsplätze und Einkommen vor Ort schaffen wird. Dieses Projekt ist Teil der Nachhaltigkeits-Roadmap Solvay One Planet, die eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 26 Prozent anstrebt.

Niederlande

BASF

Der im Bau befindliche Windpark Hollandse Kust Zuid hat erfolgreich den ersten Strom erzeugt. Obwohl die ersten Turbinen noch in der Testphase sind, produzieren sie bereits Strom, der über ein Offshore-Umspannwerk an Land geleitet und in das niederländische Netz eingespeist wird. Der Windpark liegt in der Nordsee etwa 18 bis 35 Kilometer vor der Küste zwischen Den Haag und Zandvoort und befindet sich im Besitz von BASF, Vattenfall und Allianz.

Bislang sind 36 Turbinen installiert worden. Wenn er 2023 vollständig in Betrieb ist, wird Hollandse Kust Zuid mit 140 Turbinen und einer installierten Leistung von 1,5 GW der größte subventionsfreie Offshore-Windpark der Welt sein.

Vereinigtes Königreich

Total

Im Jahr 2023 werden TotalEnergies und sein Partner SSE Renewables den größten Offshore-Windpark Schottlands einweihen. Das Projekt Seagreen im Nordosten Schottlands, ein Joint Venture zwischen TotalEnergies (51 Prozent) und SSE Renewables (49 Prozent), wird nach seiner Fertigstellung den Energiebedarf von 1,6 Millionen britischen Haushalten decken.

Die erste Turbine des Offshore-Windparks Seagreen befindet sich 27 km vor der Küste von Angus in Schottland und erzeugt seit August 2022 Strom. Sobald alle 114 Turbinen in Betrieb sind, wird der Windpark genug grüne Energie liefern, um mehr als 1,6 Millionen Haushalte mit Strom zu versorgen, was zwei Dritteln aller schottischen Haushalte entspricht. Letztendlich wird der von Seagreen erzeugte Ökostrom jedes Jahr über 2 Millionen Tonnen Kohlendioxid aus der Stromerzeugung mit fossilen Brennstoffen ersetzen.


Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. BDEW lag der durchschnittliche Strompreis für Industriestrom Stand Juli 2023 wieder bei 26,50 ct/kWh. Somit ist der Industriestrom wieder günstiger, für die Industrie jedoch immer noch bei weitem zu teuer.

Electricity price for the industry (incl. Electricity tax)

Source: BDEW-Strompreisanalyse Juli 2023

Average electricity prices for new contracts in the industry in ct/kWh (including electricity tax), annual consumption from 160,000 to 20 million kWh, medium voltage supply.

* Renewable Energy Act Surcharge is no longer applicable as of 01/07/2022; Status: 07/2023

Es zeigt sich, dass es schon zahlreiche Bestrebungen und Projekte der Chemischen Industrie gibt, erneuerbare Energien in die eigene Prozesswelt zu integrieren, um die Klimaziele zu erreichen. Aber dies reicht lange nicht aus. Es bedarf weiterhin großer Anstrengungen und Investitionen wie auch entsprechenden politischen Rahmenbedingungen, damit die „Veränderungen“ unter wirtschaftlichen Bedingungen realisiert werden können.

Die Ampelkoalition diskutiert über Entlastungen für die Wirtschaft, Minister Habeck favorisiert einen Industriestrompreis. Wer die bestehende Produktion in Deutschland erhalten und Investitionen in klimaschonende Technologien forcieren will, kommt um wettbewerbsfähige Strompreise für die Industrie nicht herum, so ein aktuelles Positionspapier. Sein Plan sieht vor, dass energieintensive Unternehmen demnach nur 6 Cent pro Kilowattstunde Strom zahlen, begrenzt auf 80 Prozent des Verbrauchs. Habeck spricht sich daher für einen Preisdeckel als „endliche Subvention“ aus. Es gehe darum, Investitionen in die Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft in Deutschland zu halten.

Fields of action renewables for chemical industry

Source: SVP-Research 2023

Im nächsten und letzten Artikel unserer Serie, die uns durch sechs wichtige Handlungsfelder auf dem Weg zu einer klimaneutralen Chemieindustrie führte, ziehen wir ein Resümee. Welches sind die wichtigsten Handlungsfelder, die aktuell am drängendsten angegangen werden sollten? Es wurde offensichtlich, dass die Transformation der chemischen Industrie zur Klimaneutralität alternativlos ist. Gibt es Forderungen aus der Chemieindustrie an die Politik und wo stehen wir aktuell auf dem Transformationspfad?  

Dr. Ronald Hinz, Market Intelligence Senior Experte

Quellen: